Gloria Gaynor will Survive – Live @ Barclaycard Arena Hamburg
Concert Review 4. Mai 2017 Michael Arens
Am 5. März trat Disco-Queen und Soul-Legende Gloria Gaynor in der Hamburger Barclaycard Arena auf – ihrem einzigen, einem Insider zufolge wohl auch (vorerst) letztem Deutschland-Konzert – der SOUL TRAIN berichtete immer wieder über Gaynor und war selbstverständlich exklusiv und live vor Ort.
Es sollten 3500 Menschen kommen, laut einem Stadionmitarbeiter waren es aber nur knapp ein Drittel – und das merkte man leider auch. Die Organisation war zudem alles andere als perfekt, wohl aber auch der Tatsache geschuldet, dass man bei so wenig Publikum die Abläufe anders wahrnimmt.
Bedauerlich war ebenfalls der lieblos hingestellt Tisch nahe dem Eingang, auf dem ein paar CDs zum Verkauf lagen. Dieser sollte das gesamte Merchandising darstellen, was wirklich einem Trauerspiel nahe kam. Das Angebot beschränkte sich auf zwei „Best Of“-Alben von Gloria Gaynor und einer „Best Of“-Kompilation von Alphaville, mit denen sich Gloria Gaynor ein etwas krudes Konzertabendkonzept, nämlich die Achtziger Jahre zu zelebrieren, teilte, obwohl Gloria ihre mit Abstand größten Hits, darunter die ikonischen „I Will Survive“ und „Never Can Say Goodbye“ bereits in den Siebziger Jahren hatte und lediglich ihr wohl größter Charterfolg, „I Am What I Am“ 1982 die weltweite „Runde“ machte, aber im allgemeinen Musikverständnis nachwievor dem Dunstkreis der Siebziger Jahre zugeschrieben wird.
Die offenkundig nicht ganz perfekte Organisation und das ausbleiben großer Publikumsmassen endete schließlich darin, dass sich Zuschauer auf andere Plätze weiter vorne setzten, die nicht als die ihrem ausgewiesen waren und so dezentes Chaos verbreiteten. Dann noch das: Fans in der ersten Reihe wurden von falsch eingestellten Scheinwerfern konstant geblendet. Immerhin: Dieses Problem hatte man aber nach einigen Beschwerden schnell wieder im Griff.
Als erstes kam Alphaville (auch hier: der SOUL TRAIN berichtete), sozusagen als Vorgruppe, an die Reihe, und man muss den Jungs zugestehen, dass alle Songs fast wie aus den Achtzigern klangen, leider wollte erst beim letzten Lied, dem unvermeidlichen „Forever Young“, der Funke beim Publikum so richtig überspringen. Das lag jedoch nicht an Frontman Marian Gold, der auf der Bühne wirklich alles gab. Die zu den Songs eingespielten Videos auf einer Leinwand im Hintergrund spiegelten den Geist der Achtziger Jahre und damit schließlich auch das Motto des Abends letztlich sinnig wider.
Der Star des Abends, Gloria Gaynor, betrat schließlich nicht in einem Paillettenkleid die Bühne, wie wir es aus ihrer legendären Hoch-Zeit kennen, sondern eher konservativ, wie es einer mittlerweile 67-jährigen nun mal zusteht, inklusive einem glitzernden Top mit einer Überhangjacke. Das Publikum begrüßte Gloria immerhin so stürmisch, als wäre 1978 erst gestern gewesen.
Mit „Going Out Of My Head“ stimmt sie das Publikum ein und die Band zog richtig an. Übergangslos sang sie ihren nächsten Floorfiller, die ultimative Gay Community-Hymne „I Am What I Am“ und sorgte dafür, dass die Besucher Party machen konnten – man fühlte sich erst gar nicht wie in einer bestuhlten, für den Event total überdimensionierten Arena, sondern wie in einer Disco.
„Never Can Say Goodbye“, einer ihrer ersten und ganz großen Hits und ein kongeniales Cover der Jackson 5 (der SOUL TRAIN berichtete), setzte ein. Es war einer der ersten Songs in den Siebziger Jahren, in dem es einen langen, instrumentalen Part gab, den Aufnahmen von Isaac Hayes, und, das Disco-Genre lässt grüßen, Donna Summer nicht unähnlich (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete).
Das traumhaft schöne, im SOUL TRAIN immer wieder thematisierte Barry White-Cover „You’re The First, The Last, My Everything“, das Gloria Gaynor im stimmigen Duett mit Backgroundsänger Harvey Hubert interpretierte, ließ kaum bemerken, dass sie etwa ab diesem Zeitpunkt immer wieder von der Bühne verschwand – man sah es ihr an und nach, dass sie sich körperlich und ihrem Alter entsprechend anscheinend etwas zu viel zugetraut und verausgabt hatte.
„Happy“, Gloria Gaynors Version des Pharell Williams-Überhits, kam schließlich genauso an die Reihe wie die Disco-Hymne schlechthin, die neben „I Will Survive“ in die Annalen der Disco-Geschichte eingegangen ist: Sie wagte sich an Donna Summers „Last Dance“, und machte der vor Jahren leider an Krebs verstorbenen Disco-Queen Summer tatsächlich alle Ehre (und wieder: der SOUL TRAIN berichtete zigfach über Summer und Williams).
Auch Songs aus ihrem damnächst erscheinenden Gospel-Album wie „Singing Over Me“ gehörten zum Repertoire der professionell agierenden, mit vollster Inbrunst singenden Gloria Fowles aus Newark, New Jersey, wie Gloria Gaynor mit richtigem Namen heißt, die ihren Live-Auftritt in Hamburg natürlich mit jenem „I Will Survive“ beendete, womit die Party schließlich ihren Höhepunkt erreichte. Das Publikum verlangt nach mehr und Gloria legte als Zugabe Chics legendäres „Everybody Dance“ (und ein letztes mal: der SOUL TRAIN berichtete unzählige male) nach.
Gerüchten zufolge hat sie einige Songs sogar schon gar nicht mehr Live gesungen. Aber das spielt am Ende des Abends gar keine Rolle mehr: Sie war da, hat alles gegeben und das Publikum hatte die Party, die es erwartete – es lebe Gloria Gaynor.
© Nadine Steffens/Michael Arens