Carl Craig – Versus
Review 23. Mai 2017 Michael Arens
Carl Craig – Versus (Planet E/InFiné/Rough Trade)
Einst war Carl Craig einer der populärsten Vertreter der nicht immer ohne Konkurrenzdenken existierenden Musikgenres House und Techno – der SOUL TRAIN berichtete.
Dabei stand sein Name gerade für die Verquickung dieser beiden musikstilistischen Extreme, weswegen seine Arbeit heute Freunden von Deep House oder Soulful House gerne etwas zu technoid, Anhängern von schierem Techno das Ganze etwas zu weichgespült scheint.
Beiden kann nun geholfen werden: „Versus“ hält, wie der Name schon sagt, dagegen und packt Carl Craigs Klassiker in eine Art symphonische New Age-Electronica-Gangbarkeit und macht fast cineastische Klanggebilde daraus, die faszinieren können aber auch Fragen und eine Faszination für das Unbekannte in den Raum stellen.
Die Songs wurden mit Francesco Tristano und dem Orchester Les Siècles unter der Leitung von Francois-Xavier Roth aufgenommen und machen eher den Eindruck, als hätte Jean-Michel Jarre (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete) einen Soundtrack zu einem Science Fiction-Epos komponiert, denn den eines mehr oder weniger klassischen Carl Craig-Werkes.
Zugleich erkennt man gerade als Fan Craigs immer mal wieder die Handschrift des Meisters wieder, und das eben nicht nur in den Melodien und Harmonien der vermeintlichen Klassiker.
„Domina“, „At Les“, „Desire“, „The Melody“, „Darkness“, „Technology“ und „Sandstorms“ sind dabei unter anderem im Repertoire des schweren, rollenden, tönenden und großen Albums voller Spannungsbögen und symphonischer Extravaganzen, welche die ursprünglichen Strukturen und Rhythmen des Original Carl Craig-Materials so weit aufbrechen, dass wir es hier eigentlich mit einem vollständig neuen Album, bestückt mit brandneuem Material zu tun haben – faszinierend, wenn auch intensiv und nicht sofort für Jedermann erschließbar.
Moritz von Oswald half Carl Craig, aus „Versus“ dieses einzigartige, neue, untypische Klangerlebnis zu schaffen, welches man gut und gerne und voller Inbrunst durchaus auch mit dem etwas abgegriffenen Terminus „spannend“ belegen darf.
© Oliver Gross
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