Aktuelles Album: Young Gun Silver Fox – AM Waves (Légère Recordings/Broken Silence)
Young Gun Silver Fox ist eigentlich ein Duo-Projekt, bestehend aus dem „Young Gun“ Andy Platts, den wir im SOUL TRAIN bestens aus seiner Mama’s Gun-Bandunternehmung kennen (READ MORE) sowie nicht zuletzt dem „Silver Fox“ Shawn Lee, der zugleich als Produzent der Musik und des neuen Albums von Young Gun Silver Fox – YGSF – namens „AM Waves“ fungiert, und den aufmerksame SOUL TRAIN-Leser aus den unterschiedlichsten Kontexten kennen (unter anderem als Solo-Act unter eigenem Namen sowie das Ping Pong Orchestra – READ MORE).
Das erste Young Gun Silver Fox-Album „West End Coast“ (READ MORE) ist bis heute und seit seiner Veröffentlichung 2015 ein absoluter Liebling der SOUL TRAIN-Redaktion und fängt das Songgefühl der Siebziger Jahre US-West Coast, eine Art Verschmelzung von Soul mit Blue Eyed Soul, Funk, MOR- und AOR-Rock (MOR steht für „Middle Of The Road“ und AOR für „Adult Oriented Rock“ oder auch „Album Oriented Rock“, eine Art breitentaugliche, auf Melodien und Harmonien blickende Variante des Rock und Pop mit starkem Soul- und Funk und Blue Eyed Soul-Einschlag) und dem Songgefühl der kalifornischen Bay Area und dezenter Jazz-Einströmung bei beständiger Sehnsuchtsharmonie ein, als wäre es 1975 veröffentlicht worden – ein Meisterwerk, das noch viele Jahre als Schablone für mögliche Nachahmer herhalten wollen und müssen wird.
Bei solch einem fulminanten Auftakt von Young Gun Silver Fox war es also schon eine Herausforderung, ein zweites Album nachzulegen – die Messlatte hing in der oberen Boogie-Stratosphäre und sicher war es nur, neben Allroundmusiker und Multiinstrumentalist Andy Platts, Mastermind Shawn Lee klar, was musikalisch, künstlerisch aber auch handwerklich zusammenlaufen muss, einem Über-Album wie „West End Coast“, eine Anspielung übrigens auf Shawn Lees gedankliche Herkunft an der US-Westküste (eigentlich wurde er in Wichita, Kansas im mittleren Westen der USA geboren) sowie Andy Platts‚ britische Heimat (eigentlich in der ehemaligen, britischen Kronkolonie Hongkong geboren), eine Fortsetzung angedeihen zu lassen.
Herausgekommen ist ein einmal mehr ein absolut magisches Stück rückblickender, handwerklich herausragender West Coast Soul- und Funk und die gewohnte YGSF-MOR/AOR-Einfärbung, die sich so mischen, dass musikalisch, technisch, handwerklich und gefühlstechnisch das neue Werk „AM Waves“ (ebenfalls eine Anspielung, und zwar auf die bereits beschriebenen musikgeschichtlichen Hintergründe zum sehr eigenen Musikstil von YGSF – „AM“ spielt auf die seinerzeit sehr populäre Radio-Frequenz an) dem Erstling „West End Coast“ in nichts nachsteht und die schiere Magie des Albumdebüts spielend wiederholt bzw. fortsetzt wird
Wie diese Melodieführungen, die Album-Gesamtkonzeption, die unglaublich warmen Soul-Akkorde, das retrospektive Siebziger Jahre-Songgefühl, der perfekt sitzende Gesang, die feinfühlig abgestimmten Texte und die Wahnsinns-Bläsersektion (The Seaweed Horns), die stilistisch nicht selten an die Bay Area.-Bandgiganten Tower Of Power (der SOUL TRAIN berichtete) erinnern, und überhaupt alle anderen genialen Zutaten, die dem Album eine handwerklich makellose, jedoch nie überproduzierte und sogar analog-verwaschene Handschrift geben, zustande und zusammen kommen, erklärte uns ein gut gelaunter Shawn Lee, Produzent, Multiinstrumentalist und der Mann vor und hinter den Reglern zwischen unzähligen Alben, Live-Gigs und Projekten im Black Music-Kosmos zwischen Soul, Funk, Jazz, Hip Hop, Pop, Rock, Electronica und einem halben Dutzend weiterer Genre-Stilblüten.
Vorhang auf also für Shawn Lee, der uns geduldig alle Fragen zum neuen Young Gun Silver Fox-Album „AM Waves“, erschienen einmal mehr auf dem deutschen Légère Recordings-Label (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete unzählige male) und selbstverständlich auch auf magischem Vinyl erhältlich, beantwortete…
Michael Arens: „Oft ist es ja so, dass ein Folgealbum, sozusagen eine Fortsetzung, qualitativ dem Erstling hinterherhinkt, nicht jedoch bei Young Gun Silver Fox – „AM Waves“ hat alle Qualitäten und all die wunderbare Boogie-Magie wie schon euer erstes Album „West End Coast“. Wie funktioniert das?“
Shawn Lee: „Mit dem neuen Album war es tatsächlich sogar einfacher. Wir hatten ja nun schon eines gemacht, und das Album hatte ein Eigenleben. Wir wussten also, wie wir es anstellen müssen, als es Zeit wurde für das neue Album. Wir haben also genau da weiter gemacht, wo wir aufgehört haben, aber es ist natürlich auch eine große Herausforderung. Es war dieses mal zwar einfacher, aber die neuen Songs sind auch härter zu spielen, besonders live, aber das merke ich gerade erst…“ (lacht)
Michael Arens: „Zeichne mir ein Bild davon, wie diese Arbeit zwischen dir und Andy (Platts) funktioniert.“
Shawn Lee: „Es gibt einige Wege, wie wir das machen. Einer ist der gleiche wie beim ersten Album: Ich mache einen Instrumental-Backtrack fertig, der sich schon fast wie ein vollständiges, fertiges Instrumental-Stück anhört. Den Song schicke ich dann zu Andy und er schreibt einen Song dazu und singt darüber, schickt mir dann die Vocals zurück und ich mixe das alles mit ein, addiere ein paar Kleinigkeiten, wenn der Song das braucht – das ist die eine Variante. Eine andere Arbeitsmethode ist die, dass Andy einen Song schreibt, ein Demo daraus macht, es mir schickt, und ich mache dann die Musik dazu. Das wäre die zweite Methode. Aber natürlich gibt es auch noch gelegentliche andere Methoden, in denen ich beispielsweise nur einen halben Backing-Track mache und Platz für Andy lasse, um dort anzusetzen. Dieses mal war es also folgerichtig so, dass wir all das irgendwie flüssiger, entspannter gemacht haben, da wir unsere Methoden nun kennen. Mit Andy zu arbeiten geht mir sehr leicht von der Hand, es hat Spaß gemacht, am neuen Album zu arbeiten.“
Michael Arens: „Als ich Andy (Platts) vor einigen Monaten zu seinem neuen Mama’s Gun-Bandalbum interviewt habe, hat er bereits angekündigt, dass ein neues Young Gun Silver Fox-Album in der Mache ist, und hat erwähnt, dass Mama’s Gun, bei denen Du am letzten Album ja ebenfalls mitgemacht hast, etwas mehr SEIN Baby ist wogegen YGSF etwas mehr DEIN Baby sei. Wie ist das?“
Shawn Lee: „Ja, das stimmt. Er überlässt es mir, die Sachen abzumischen und mein Ding zu machen. Er vertraut mir. Ich denke, Young Gun Silver Fox gibt einen schönen Kontrast zu Mama’s Gun. Er weiß, dass das Ergebnis gut werden wird. Er muss nicht jeden Aspekt von YGSF kontrollieren; sicher eine nette Abwechslung für ihn im Vergleich zu Mama’s Gun.“
Michael Arens: „Du bist musikstilistisch auf so vielen Hochzeiten unterwegs, machst so viele Dinge, und Du weißt ja auch, wie sehr ich, genau wie Du, dieses Musikgefühl, dass Du mit Young Gun Silver Fox beschreitest, liebe. Woher kommt das bei dir? Beschreib mit deinen Weg von deiner Geburtstadt Wichita mit libanesisch-indianisch-irischen Wurzeln über Los Angeles, wo Du viele Jahre dein Zuhause hattest bis in deine heutige Heimat London, England!“
Shawn Lee: (lacht) „…in einem Satz… (lacht erneut) Als ich in Wichita aufgewachsen bin, lief diese Art Musik im Radio. Das war damals angesagt, in den Siebzigern bis in die frühen Achtziger Jahre. Es war also eine Art, als Teenager diese Musik aufzusaugen, die Platten zu kaufen, die Singles. Diese Musik war ein wichtiger Teil meines Heranwachsens und ich habe das als meine musikalische DNA aufgesaugt. Als ich dann nach Kalifornien gezogen bin, und YGSF ist sehr kalifornische Musik, habe ich wohl irgendwie diesen Californian Vibe aufgesaugt. Das wird irgendwie ein Teil von dir, und ich habe das wohl in dem, was ich heute als Musiker mache, umgesetzt. Als ich dann nach London gezogen bin, habe ich wohl diese Anteile aus dem mittleren Westen und dieses West Coast-Ding mit mir genommen. Je länger ich hier in London bin, je mehr scheinen nun all diese Dinge, diese Erinnerungen, aus mir herauszukommen. Ich habe schon sehr lange mit allen möglichen Dingen, die ich kannte, herumgedaddelt, aber nie so intensiv wie bei Young Gun Silver Fox. Als ich auf Andy traf, realisierte ich, dass er musikalisch und menschlich der perfekte Partner für das Projekt ist. Er macht nicht genau das gleiche was ich mache, es wäre also musikalisch die perfekte und organische Verschmelzung unserer Talente, auch, wenn es etwa zehn Jahre gedauert hat vom Kennenlernen bis zu Young Gun Silver Fox…“
Michael Arens: „Und zur musikalischen Magie, die das mitbringt…“
Shawn Lee: „Ja. Die Musik von YGSF ist so nostalgisch und macht so gute Gefühle und Erinnerungen und ist so mellow, so seicht. Ich liebe es, diese Art Musik zu machen und zu hören, so heraufordernd das einspielen, die Akkorde, die Melodien, die Studioarbeit, das Arrangement auch ist. Man muss all das auf einem hohen Level machen, man muss sich weiter auf diesem Level, auf diesem hohen Standart bewegen. Und wenn das dann noch so erfolgreich ist wie YGSF ist das wunderbar…“
Michael Arens: „Was mich zum neuen Album „AM Waves“ zurückbringt. Wann genau hast Du gemerkt, dass Du dieses Level erreicht hast?“
Shawn Lee: „Als ich „Midnight In Richmond“ und „Lenny“ vom neuen Album zum ersten mal gehört habe. Da dachte ich: „Ok, wir haben es!“ Wir cruisen jetzt sozusagen, wir müssen es halt nur noch durchziehen. (lacht) Nein, im Ernst, ich glaube in das, was ich mache, ich musste also nur meinem Pfad und meinen Instinkten folgen, und das hat mich nie im Stich gelassen. Ich bin immer glücklich, mit allem, was ich mache, und habe andersherum auch niemand anderes als mich selbst, um mich zu beschweren, wenn etwas schief läuft, aber auch das mache ich nicht. Ich versuche aber auch nicht, das beste Album zu machen, sondern nur das beste, das in dem Moment machbar ist. Und dann gehe ich zum nächsten Projekt über. Dann schaue ich, wie sich das Album in der Welt da draußen macht, was die Menschen davon halten.“
Michael Arens: „Meinst Du, alle da draußen verstehen die Musik von Young Gun Silver Fox, folgerichtig auch die des neuen Albums „AM Waves“?“
Shawn Lee: „Ich denke, dass beim ersten Album sehr viele Menschen die Musik darauf genau so verstanden haben, wie ich sie mir vorgestellt habe. Sie war nicht ironisch gemeint, keine Verklärung der Geschichte, die Musik war und ist real, eine große, lebendige, atmende Sache!“
Michael Arens: „Ich würde meine Glaubwürdigkeit in Frage stellen, wenn ich dich nicht nach deinen zahlreichen anderen Projekten wie deine Solo-Projekte, wie das Ping Pong Orchestra, deren letzte Deutschland-Tournee ja vom SOUL TRAIN co-präsentiert wurde, deiner Musik mit Clutchy Hopkins, AM (der SOUL TRAIN berichtete) oder für etliche Filme und Videospiele fragen würde.“
Shawn Lee: „Am Young Gun Silver Fox-Projekt zu arbeiten, war wie ein Spaziergang am Meer, verglichen mit all den anderen Dingen… wie eine Seebrise in meinem Haar… es ist halt sehr besondere Musik für mich, sie gibt mir ein besonderes Gefühl, ist in einer ganz besonderen Liga. Alles, was ich mache, ist persönlich, aber diese Art Musik ist irgendwie wie die erste große Liebe…“
Michael Arens: „Eine sehr treffende Analogie zur Musik von YGSF und von „AM Waves“. Und dann sind da noch so geniale Midtempo-Hymnen wie „Kingston Boogie“, das kurz vor dem Ende des neuen Albums meinen Puls so richtig in Wallung gebracht hat – mein Gott, Shawn…“
Shawn Lee: (lacht) „Das kam sozusagen aus dem Nichts. Das war eines von den Songs, bei denen ich praktisch den ganzen Track alleine gemacht habe. Manchmal hat man eine Idee, und es braucht zwei, drei, vier Stunden, man addiert Drums, Bass, Gitarre, Keys, Percussion, und kreiert das Rückgrat des Songs. und macht einen Basic Track daraus. Mit frischen Ohren gehst du dann erneut ans Werk und addierst frische neue Zutaten… Bei „Kingston Boogie“ kam alles beim ersten mal heraus, und ich war selbst erstaunt darüber, wie vollständig der Song bereits nach dem ersten Umsetzung war…“
Michael Arens: „Vielleicht ist das Teil deines Genies?!“
Shawn Lee: „Hm, das ist eine gute Frage. Ich glaube nicht, es ist sehr natürlich für mich, Musik zu machen. Ich verstehe es, es kommt einfach aus mir raus… hm. Jetzt, wo ich drüber nachdenke… Es ist so, wie eine andere Sprache verstehen zu wollen. Verwirrend… die rechte und linke Seite des Gehirns. Ich versuche aber noch immer, den richtigen Schlüssel zu finden, die Zwei zusammenzubringen (lacht) Ich weiß eine Menge, aber bin ahnungslos, wenn Du weißt, was ich meine…“ (lacht)
Michael Arens: „Wie ich dich kenne, arbeitest Du sicher bereits an einer Fülle an neuen Projekten und Ideen?!“
Shawn Lee: „Ja! Ich habe ein Album mit einer russischen Band, The Soul Surfers, gemacht, das etwa im Juni erscheinen wird. Ich arbeite gerade an einem Dokumentarfilm zum gleichen Thema, die Promo zu Young Gun Silver Fox läuft, dann ist da die Doku zur Library Music-Geschichte, ich spiele live mit Jonathan Jeremiah im kommenden Sommer, ich wollte schon immer mal ein Country-Soul-Album machen, eine Disco-Scheibe, und dann sind da noch die anstehenden Live-Gigs mit Young Gun Silver Fox… (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach über alle genannten Künstler und Projekte, Anm. d. Verf.) Es wird aber immer Funk und Soul geben in allem was ich mache, sozusagen der rote Faden. Ach ja, und dann mache ich gerade etwas (lacht), dass sich Shawn Lee’s Incredible Leg Warmer Band nennt und Aerobic-Musik ist… Uptempo Boogie Funky Fun Stuff… was völlig Neues!“
© Michael Arens
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von amazon zu laden.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von amazon zu laden.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von amazon zu laden.
VERLOSUNG!
Der SOUL TRAIN verlost 3 Exemplare von Young Gun Silver Fox – „AM Waves“ (CD)!
Einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „YGSF“ an soul@(nospam)michaelarens.de – viel Glück!
Mehr Infos zu unseren Verlosungen gibt es hier: SOUL TRAIN-FAQ