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Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #43 Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #43
Cherry Red Records – Remastered, Reissued & Expanded #43

Cherry Red Records/Rough Trade: Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!

Der SOUL TRAIN wird nicht Müde, darüber zu berichten: Soul, Funk und Jazz, aber auch Reggae, Folk und Avantgarde bis zu Rock, Pop und experimenteller, mehr oder weniger zeitgenössischer Musik aus Gegenwart und Vergangenheit brachten immer schon unzählige, große und kleine Klassiker, Stilblüten und obskure Trittbrettfahrer in Form von Künstlern, Alben und Labels hervor, welche bis heute die Klangfarbe des, im weitesten Sinne, Black Music-Genres bunter machen, nachhaltig verändern und schließlich ausmachen.

CherryRedRecordsRoughTrade-LogoSMALLDas britische Cherry Red Records-Label und der deutsche Rough Trade-Vertrieb veröffentlichen so regelmäßig große, kleine und bemerkenswerte Klassiker jener Genres aus dem letzten sowie dem aktuellen Musik-Jahrhundert erneut, gänzlich neu oder teils erstmalig auf CD heraus bzw. fassen Musik thematisch gebündelt auf Kompilationen unterschiedlicher Couleur zusammen.

Diese erscheinen, oftmals technisch überarbeitet, wahlweise als Reissue, als Album-Doppelpack (z.B. zwei Original-Alben auf einer CD), als Remastered Original-Album oder als Expanded Edition, Box Set oder Deluxe-Varianten mit einer Menge faszinierendem Zusatzmaterial wie Bonus Tracks jeglicher Couleur, Liner Notes von versierten Kennern, biografische und discografische Fakten, Fotostrecken, Coverabbildungen und allerlei weiteren interessanten Zusatzfeatures.

Der SOUL TRAIN nimmt sich im Rahmen dieser Kolumne regelmäßig diesen Klassikern, diesen Veröffentlichungen in neuem, teils edlem Gewand an und wird ausführlich über alle Aspekte der Veröffentlichungen wie die Musik, den bzw. die Künstler, den Sound, die Hintergründe, die Philosophie und nicht zuletzt das Produkt als Ganzes berichten.

Die SOUL TRAIN-Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen und Studieren sowie, last but not least, beim Hören!

FOLGE 43: Jonathan, Michael & Rupert: Ohio Crown!

Kaum eine andere Formation hat den klassischen Soul-Sound der Siebziger Jahre mit Lagen und Lagen aus Streichern, voluminösesten Bläsersätzen, wuchtigen Funk-Breaks und gefühlsschwangerem Gesang so zelebriert wie The Crown Heights Affair, gegründet 1967 in New York City, und im Zentrum unserer heutigen Berichterstattungen im Rahmen der „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade in Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr. 1 – dem SOUL TRAIN @ soultrainonline.de.

Gleich drei Crown Heights Affair-Alben, „Dreaming A Dream“ von 1974, „Do It Your Way“ von 1977 sowie „Dream World“ aus dem Folgejahr 1978, bündelte Robinsongs nun im Rahmen der „3 Classic Albums On 2 CDs“-Reihe auf zwei Silberlinge, während Doppel-CD Nummer Zwei mit den drei Crown Heights Affair-Longplayern „Dance Lady Dance“ (1979), „Sure Shot“ (1980) sowie „Think Positive“ von 1982 ebenfalls eines der Highlights der heutigen, 43. Fole der SOUL TRAIN-Reissues-Kolumne sein dürfte.

Beide Veröffentlichungen müssen zwar ohne Bonus Tracks auskommen, werden jedoch durch die schlicht umwerfende Flut an Streichern und Melodien, Hooklines und Bläsersätzen derart aufgewertet, dass selbst die ausführlichen Liner Notes von Christian John Wikane zwar immens informativ, aber letztlich nur Beiwerk sind. Wahrer Hauptdarsteller ist dieses mal tatsächlich die Musik von Crown Heights Affair, die, mit immer wiederkehrendem, instrumentalem Habitus, einen noch heute extrem ansteckenden Soul- und Blaxploitation-Sound ausufern ließen, der vor allen Dingen immer wieder von den sagenhaft vollen Streicherpassagen getragen wird, ihrem unwiderstehlich coolem Superhit „Dreaming A Dream“ vom gleichnamigen Album inklusive.

Einen nicht unähnlichen Sound hatten The Ohio Players, neben den George Clinton-Klonen Parliament und Funkadelic die wohl populärste Funk-Band der Siebziger Jahre, auch, wenn ihr Sound deutlicher in Funk denn im Streicherverhangenem Soul seine Runden drehte.

„The Definitive Collection Plus…“, erschienen auf Robinsongs, ist nun eine umfassende Werkschau der noch heute hochverehrten Band aus Dayton, Ohio, und preist die Players mit den Veröffentlichungen der Labels Capitol, Westbound, Mercury, Arista und Boardwalk und immerhin insgesamt 44 Songs der Band auf gleich drei CDs, verpackt in ein hochwertiges Äußeres und bestückt mit einem umfangreichen Booklet samt Fotos, Cover-Abbildungen, discografischer und biografischer Hintergründe und Fakten und selbstverständlich vollumfänglicher Liner Notes von Christian John Wikane.

Dass das CD-Dreierpack, aufgeteilt auf „The Early Years“ (CD1), „The Golden Years“ (CD2) und „The Later & Solo Years“ (CD3), auch Solo-Material der verschiedenen Mitglieder wie Junie Morrison oder Sugarfoot & Shadow (Billy Beck, Clarence Willis & Diamond) im Angebot hat, adelt die unverzichtbare Ohio Players-Megakompilation „The Definitive Collection Plus…“ gleich mehrfach und macht aus ihr ein weiteres Highlight der heutigen Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade in Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr. 1 – dem SOUL TRAIN @ soultrainonline.de.

Wir bleiben beim Robinsongs-Label und beim, im weitesten Sinne, immer wieder instrumentalen Soul- und Funk-Sound: Die Kay-Gees waren sozusagen das mehr oder weniger instrumentale Spin Off der Kool And The Gang-Formation (ähnlich den J.B.’s für James Brown) und veröffentlichten in den Siebziger Jahren eine Handvoll Alben, welche das musikalische Volumen der Band und ihre fast übervolle Anmutung hervorragend trugen. Drei dieser Alben sind nun und einmal mehr über Robinsongs als „3 Classic Albums On 2 CDs“-Reihe neu erhältlich: „Keep On Bumpin‘ & Masterplan“, ihr Debütalbum von 1974, „Find A Friend“ von 1976 sowie „Kilowatt“ (1977) wurden hier diverse Bonus Tracks gegönnt, so dass die Kompilation auf zwei Silberlingen auf insgesamt 36 Songs kommt, die durchweg auch heute noch überzeugen und zeigen, aus welchem Zeug Kool & The Gang, seinerzeit auf dem ersten, wichtigen Siedepunkt ihrer Karriere, gemacht waren, die im inkludierten, üppigen Booklet mitgelieferten Liner Notes von Charles Waring inklusive.

Zwei neue Folgen der „Anthology“-Reihe auf Soulmusic.com Records der britischen Soul-Ikone David Nathan lassen Soul-Jünger unmittelbar mit der Zunge schnalzen: Michael Henderson wurde mit „Take Me I’m Yours – The Buddah Years Anthology“ ein zwei CDs und immerhin 34 Tracks langes Denkmal gesetzt, während dem südafrikanischen Soul- und Jazzweltenbummler Jonathan Butler mit „Sarah, Sarah – The Anthology“ ebenfalls zwei CDs und diesmal 32 Songs lang Tribut gezollt wird.

Wahrer Hauptdarsteller beider Doppel-CDs dürfte aber auch und ganz typisch für die Reihe das mitgelieferte Infotainment in den Booklets sein, die inklusive ausführlicher Liner Notes und Musikgeschichtlicher Querverweise keine Fragen offen lassen, den klassischen Superhits Michael Hendersons, der stets einen sehr eigenen stilistischen Zugang zum Soul- und Funk- und Jazzgenre hatte, sowie Jonathan Butlers Butterweicher, in höchstem Masse wiedererkennbarer Stimme inklusive – HOT TIP!

Wir bleiben beim Soul, bewegen uns zumindest gefühlstechnisch aber von den USA bzw. Südafrika nach Down Under Australien, das wesentlich mehr Soul & Co. in der Musikgeschichte verankert hat, als dies bis zu uns durchgedrungen ist: „How Is The Air Up There? – 80 Mod, Soul, RnB & Freakbeat Nuggets From Down Under“ lautet der abendfüllende, etwas sperrige Titel des edlen Box Sets, der zugleich alles über den Inhalt der drei CDs langen Über-Kompilation sagt.

Die insgesamt 80 (!) Titel des mit edler Hardcoverbox veredeltem Samplers, erschienen auf RPM, hat unter anderem Songs von hierzulande nur wenig bis gar nicht bekannten Acts wie The Bluestars, The Principals, The Roadrunners, Judge Wayne, Larry’s Rebels, Le Frame, The La De Da’s, The Librettos, The Clevedonaires, Identity, The Pleazers oder Chants R&B, um nur einige ganz wenige zu nennen, im Angebot, allesamt Perlen der Mitte und der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts, und im Sound verbandelt mit allem, was zu der Zeit irgendwie tanzbar und cool war.

Tatsächlicher Hauptdarsteller von „How Is The Air Up There? – 80 Mod, Soul, RnB & Freakbeat Nuggets From Down Under“ ist derweil, man ahnt es, das immens umfangreiche, inkludierte Booklet, welches keine Fragen zu den Bands und zum Lebensgefühl der umwerfend schönen Dreifach-CD offen lässt – fraglos ein weiteres Highlight der heutigen, 43. „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade in Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr. 1 – dem SOUL TRAIN @ soultrainonline.de.

Machen wir den geografischen Weg zurück nach Europa, genauer gesagt nach Deutschland, wo in den späten Siebziger Jahren niemand geringeres als Frank Farian als Produzent und Ideengeber die Tanzflächen mit Boney M. füllte. Precious Wilson war Frontfrau der ursprünglich britischen Soul- und Pop- und Discoformation Eruption, die später von Farian betreut wurde, und brachte 1981 ihr erfolgreichstes Solo-Album „On The Race Track“ heraus, welches nun von Hot Shot Records samt dreier Bonus Tracks erneut auf den Markt gebracht wird.

Moderaten Hits wie der Sam & Dave-Coverversion „Hold On I’m Coming“ oder der Titelsong „We Are On The Race Track“ wurde hier übrigens auch die Eruption-Über-Single „One Way Ticket als „12“ Disco Version“ (Bonus Track) angehängt. Gemeinsam mit dem umfassenden, mitgelieferten Booklet samt Klappentext von Casper Janssen macht die Reissue durchaus Sinn, auch, wenn die musikalischen Qualitäten der schieren Musik durchaus diskutiert werden dürfen.

Precious Wilson hatte bis weit in die Achtziger und sogar Neunziger Jahre Erfolge zu verzeichnen, womit wir uns bereits in genau jener Ära befinden, in der sich das heute legendäre Strictly Rhythm-Label aufhielt. House jeglicher Couleur und ein sehr eigener Blick auf den speziellen Wiedererkennungswert zwischen House, Techno, Soul, Funk, Pop und der Anmutung von Industrial sowie Avantgarde definierten den Sound des Labels, dem nun mit „Strictly Rhythm – Underground ’90-’97“, erschienen auf BMG, drei CDs lang und samt umfangreichen Booklet mit Liner Notes (Bill Brewster) und allen Infos und Infotainment, die zur Analyse von Strictly Rhythm dazu gehören, ein Denkmal gesetzt wurde, das zeigt, welchen Status das Label seinerzeit innehatte.

House-Giganten wie Armand van Helden, Todd Terry, Roger Sanchez, Kerri Chandler, Erick Morillo oder George Morel waren, um nur einige ganz wenige zu nennen, involviert in das Über-Label, was den schieren Status von Strictly Rhythm in der Ära der späten Achtziger sowie Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wunderbar bebildert.

Insgesamt 30 Tracks von DJ Pierre, Code 718, Josh Wink, Dan Curtain, Logic, The Untouchables, Phuture oder River Ocean featuring India (das unwiderstehliche, hypnotische „Love & Happiness (Yemaya Y Ochun)“ im „12“ Club Mix“) lang zeigt hier die „Strictly Rhythm – Underground ’90-’97“-Werkschau einmal mehr, warum Strictly Rhythm einst zum Wichtigsten gehörte, was die House- und Techno-Bewegung zu bieten hatte – recht so.

Vom House zum Schwestergenre Pop. Marta Marrero alias Martika war in den späten Achtziger und frühen Neunziger Jahren in den USA ein Mega-Act, die nach dem sagenhaften Erfolg ihres ersten Albums „Martika“ 1988 samt Über-Single „Toy Soldiers“ auf dem zweiten Album „Martika’s Kitchen“ den Funk-Exkurs von Prince und seinem Paisley Park-Imperium adaptierte und ein Album ablieferte, das mehr Funk und Soul und sogar House denn Pop-Seichtigkeit präsentierte.

Cherry Pop veröffentlicht nun dieses heute fast vergessene Kleinod auf gleich zwei CDs neu und zeigt neben dem Original-Album mit gleich einem Dutzend Bonus Tracks, dass noch so vieles mehr in Martika steckte denn die zarte, zerbrechliche Kopfstimme, die ihre Fans so liebten.

Das mitgelieferte Booklet bringt nicht nur die Texte sowie kurze, knackige Liner Notes sondern auch Kurzkommentare Martikas zu jedem der Albumsongs und hebt das Album so auf einen Level, dem man durchaus den Namen „Faszinierend“ geben könnte, bietet das Set doch gerade in der Wiederveröffentlichung so einige Lagen, die man erst einmal heraushören möchte und sollte.

Springen wir in die Gegenwart und von den USA nach England, bleiben aber bei der eigenwilligen Vermischung von Pop und der zeitgeistlichen Vermischung unzähliger anderer Musikgenres. „Mozart’s Mini-Mart“ lautet der Titel des Go-Kart Mozart-Albums, erschienen auf West Midland Records, und vermischt selbstironischen Pop-Zeitgeist mit urbritischer Pop-Süffisanz, Punk-Attitüde und letzten Beständen aus Black Music-Werten sowie unzähligen Liebeäugelein mit elektronischer Musik.

Lawrence und Kumpel K-Tel produzierten das augenzwinkernde Werk mit stilsicherer, fester und nie ganz ernst gemeinter Hand und geben dem Werk immer wieder auch herrlich verrückte Rückblenden an Rock, Glam Rock und Bombast-Rock der Siebziger Jahre und den Glitzer der Achtziger Jahre. Herausgekommen ist so ein einzigartiger Mix, den man lieber hören denn beschreiben sollte – wahnwitzige und selbstironische Texte inklusive. Ein Faltposter und einen fast zu edlen Pappschuber gibt es obendrein – coole Sache.

Gehen wir zurück in jene bereits erwähnte Vergangenheit aus Rock, Pop aber auch Soul und treffen dort niemand geringeres als den Briten Rupert Holmes, der alles andere als eine Eintagsfliege mit dem weltweiten Über-Hit „Escape (The Piña Colada Song)“ aus dem Jahre 1979 war und bereits Jahre zuvor einen festen Namen als zuverlässiger Songschreiber und Sänger (später sogar als erfolgreicher Buchautor) innehatte – „Songs That Sounds Like Movies – The Complete Epic Recordings“ fasst nun frühe Werke Holmes‘ zusammen und liefert gleich diverse Bonus Tracks ab.

Insgesamt kommt die elegante Werkschau samt den ersten drei Studioalben Rupert Holmes‘ namens „Widescreen“ (1974), „Rupert Holmes“ (1975) sowie „Singles“ (1976), die zeigen, dass der Mann, der gemeinhin als New Yorker wahrgenommen wurde und wird, durchaus auch Anleihen beim Soul der Ära nahm und absolut melodiöse und harmonische Elemente sein Steckenpferd nannte.

Cherry Red Records packte als zuständige Label-Instanz noch ein umfangreiches Booklet mit in den Pappschuber, den Dreifach-Silberling zu veredeln – recht so, und eine nicht nur für Rupert Holmes-Fans lohnenswerte Veröffentlichung im Rahmen der heutigen, 43. SOUL TRAIN-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade.

Bleiben wir in England und gehen noch einen Schritt weiter zurück in der Vergangenheit: The Paper Dolls war eines der populärsten britische Girl Trios, dem nun dank RPM mit „Something Here In My Heart – The Complete Recordings 1968-1970“ ein Denkmal gesetzt wird.

Insgesamt 29 Songs lang zaubert der Silberling die Magie des Trios erneut an die Öffentlichkeit, ein Sound übrigens, der sich, sind wir ehrlich, gar nicht so sehr vom US-Amerikanischen Pendant The Supremes unterschied und dem Soul oft näher stand als der so genanten populären Musik der Zeit.

Harmonien und Melodien, wohin das Ohr auch hört hinterlassen auch heute noch einen Eindruck, der nachhaltig durch die Liner Notes von Kieron Tyler im inkludierten Booklet samt unzähligen Fotos und Abbildungen untermauert wird – ein überaus stimmiges, harmonisches und zeitgenössisches Stück britischer Pop- aber auch Black Music-Geschichte – lang leben The Paper Dolls.

Dass unser nächstes Reissue-Projekt der Band Paper Bubble ebenfalls das Papier-Unwort im Titel trägt, ist reiner Zufall, nicht mehr, sicher aber auch nicht weniger. RPM bebildert auf „Behind The Scenery – The Complete Paper Bubble“ die Geschicke der Band, die sich während ihres gesamten Schaffens zwischen den späten Sechziger Jahren bis in die Achtziger Jahre des letzte Jahrhunderts mit teils psychedelischen Folk-Sounds und Liedermacher-Poesie beschäftigte.

Zwei CDs lang und insgesamt mit 40 Songs werden hier nicht nur ihre Studioalben sondern unzählige, teils bisher unveröffentlichte Perlen feilgeboten, die insbesondere in Wechselwirkung mit dem sehr biografisch angelegten Booklet besonders für Fans von Paper Bubble ein lohenswertes Stück Musikgeschichte darstellen dürften.

Bleiben wir weiterhin bei unseren britischen Nachbarn. Jah Wobble wird seitens seiner eigenen Plattenfirma 30 Hertz Records ein Dreifach-Reissue-Paket geschnürt, welches seine ersten 30 Hertz-Alben „The Celtic Poets“ (Jah Wobble’s Invaders Of The Heart), „Reqiuem“ sowie „The Light Programme“ neu belebt.

Dass Jah Wobble sich stilistisch nicht in die Karten gucken lässt und er tatsächlich so ziemlich alle mehr oder weniger populären Musikgenres, die nur irgendwie verfügbar waren und sind, während seiner Karriere auslotete, beschreibt Wobble selbst in den mitgelieferten Liner Notes zum Dreierpack, das in einen eleganten Pappschuber verbracht wurde und stilistisch einmal mehr polarisieren dürfte – Avantgardist und Soundbastler mit Punk-Attitüde Jah Wobble ist halt Jah Wobble und bleibt Jah Wobble, und das ist gut und recht so.

Ex King Crimson-Mastermind David Cross und Van der Graaf Generator-Gralshüter David Jackson sind Urheber von „Another Day“ das auf dem eigenen Cross & Jackson Music sein Label gefunden hat und die musikalische Vielfalt aber auch Verspieltheit des Duos bebildert; Mick Paul (Bass) und Craig Blundell (Schlagzeug) vervollständigen das Line Up um Violinist und Keyboarder David Cross und Saxofonist und Flötist David Jackson, die ihr gemeinsames Werk von Jake Jackson produzieren ließen.

Herausgekommen ist ein instrumentaler Wasserfall, der orientalische Sounds ebenso in sein Repertoire aufnimmt wie instrumentalen Bombast, elektronisch getriebenen Feingeist, die Seele von Rock Jazz und den Ruck von Funk – eigenwillig, aber durchaus mit Potential, nicht nur die Fangemeinde des Duos ins einen Bann zu ziehen.

HNE Recordings veröffentlicht gleich zwei überaus elegante Box Sets zum Enfant Terrible der weitverzweigten Blues- und Rock-Befindlichkeiten, Edgar Winter.

Der Sänger und Multiinstrumentalist (unter anderem Keyboard, Gitarre, Saxofon und Perkussion) und Bruder von Johnny Winter begann seine Karriere zu Anfang der Siebziger Jahre mit dem Album „Entrance“ (1970), welches Edgar Winter stilistisch in die Rolle des bluesigen Rock-Aristokraten, wie er gerne genannt wird, steckte und verspielte Jazz- und Soul- und Folk-Anleihen ebenso verarbeiten konnte wie dezente Liedermacher-Attribute und psychedelische Musikmomente voller Magie und Achtsamkeit.

„Tell Me A Whisper – The Solo Albums 1970-1981“, so der Name der ersten vierfach-CD-Box, bebildert, untermauert und veredelt mit dem Original-Cover-Artwork der Alben sowie durch eine dicke Pappbox und befüllt mit einem Booklet, das alle notwendigen Fragen zum Hauptprotagonisten aufschlüsselt, das Phänomen Edgar Winter, während das zweite Winter-Box Set „I’ve Got News For You featuring The Edgar Winter Group & Edgar Winter’s White Trash 1971-1977“ gleich erstaunliche sechs CDs lang die Geschicke Edgar Winters in unterschiedlichen Band- und Projekt-Zusammenhängen nacherzählt, übrigens auch anhand Anleihen bei Gospel oder Country, womit der stilistische Rundumschlag und die unbedingte Individualität des Edgar Winter bestens nacherzählt wird.

Zwei weitere Alben von The Residents führen diese musikalische Uneingruppierbarkeit und Einzigartigkeit nachhaltig fort: „Meet The Residents“ lautete 1974 der Titel des ersten Albums der Pop-, Punk- und Rock-Avantgardisten und wird nun von The Cryptic Corporation, Cherry Red Records und MVD Entertainment durch eine Reissue erneut aufs Veröffentlichungs-Trapez gebracht.

Gleich zwei CDs lang und in einen fast schon zu eleganten Klappcover-Kontext gebracht ist es hier vor allen Dingen die biografische und discografische Fülle an Material, die begeistert und das Album unter anderem im „Mono Mix“ sowie im „Stereo Mix“ präsentiert und diverse Outtakes und Songmaterial im Angebot hat.

Gleiches gilt auch für The Residents‘ 1976er „Third Reich & Roll“-Set, dem ebenfalls seitens The Cryptic Corporation, Cherry Red Records und MVD Entertainment ein Reissue-Denkmal gesetzt wird und das eleganteste Reissue-Werte vermittelt und besonders Fans von The Residents in Verzückung versetzen dürfte, inklusive der „German Slide Music“ auf dem ersten Silberling der Doppel-CD – lang leben The Residents.

Altered Images waren eine Early 80’s New Wave und Post Punk-Band aus Schottland, die für einen sehr kurzen Zeitraum immens erfolgreich waren.

„The Epic Years“ bebildert vier CDs lang das Schaffen der Band und ihrer drei Studioalben „Happy Birthday“ aus dem Jahre 1981 (mit dem gleichnamigen Song „Happy Birthday“, der vielleicht größte Hit der Altered Images), „Pinky Blue“ von 1982 sowie „Bite (1983), das mit unzähligen Bonus Tracks auf jeder der ersten drei CDs im vierten Silberling „The 12″ Album“ gipfelt.

Insgesamt beherbergt das hochwertige Box Set, veröffentlicht direkt über Cherry Red Records, sagenhafte 60 Altered Images-Perlen, welche die einzigartige Attitüde der viel zu kurzlebigen Band nachzeichnet.

Unterfüttert durch ein abendfüllendes Booklet mit allen notwendigen Infos, Fotos und musikgeschichtlichen Querverweisen zeigt das edle Set, dass die beste Musik, auch jene der Post Punk-Ära Großbritanniens zwischen 1978 und 1985 von den kleineren, leiseren Acts wie den Altered Images kam – ein Muss für jeden Fan der Ära als auch der Band – Brüller.

Bleiben wir in der dezent markigen Ecke, in der jene Ära des Post-Punk ja nun mal stand. Kurz, bevor der Punk in wüstem Pop versandete und sogar auf Soul und Funk traf, konnten The Rezillos aus dem schottischen Edinburgh mit dem bereits deutlich melodiöser werdenden Punk punkten.

„Flying Saucer Attack – The Complete Recordings 1977-1979“ bebildert die viel zu kurze Geschichte der Band und zeigt auf zwei CDs und immerhin 40 Songs lang (davon insgesamt 13 Bonus Tracks) die Sympathie-Attacke, mit der sich The Rezillos mit augenzwinkerndem Charme in die Herzen der Fans spielte – der Titel der Kompilation spricht da bereits Bände.

Die Geschicke der Band beschreibt Malcolm Dome in dem im mitgelieferten Booklet inkludierten Klappentext, der auch die weiteren musikgeschichtlichen Unwägbarkeiten von The Rezillos aufschlüsselt und darüber hinaus mit etlichen Cover-Abbildungen und Fotos punkten kann, auch, wenn hier die wüste, ungestüme Musik die wahre Hauptattraktion der auf Cherry Red Records erschienenen, optisch und haptisch sehr hochwertig produzierten Werkschau ist, womit wir leider schon wieder am Ende der heutigen „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“-SOUL TRAIN-Kolumne mit Reissues, Neubearbeitungen und Kompilationen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade wären.

Traditionell bewegt sich die viel zitierte letzte Album-Besprechung dieser ehrenwerten Kolumne ja seit etlichen Ausgaben stilistisch im Country & Western-Firmament, was heute durch die berühmte Ausnahme der Regel unterfüttert wird und zugleich den Rahmen schließt, den die letzten paar Album-Vorstellungen aufgebaut hat: das Musikgefühl der späten Siebziger und frühen Achtziger Jahre unserer britischen Nachbarn – Post-Punk, New Wave und Co. lassen grüßen, wenn sich das super elegante „Revolutionary Spirit – The Sound Of Liverpool 1976-1988“ die Ehre gibt.

Erschienen als 5-fach-CD im Hochformat direkt über Cherry Red Records liefert das elegante Set gleich sage und schreibe 100 (!) Songs der Ära, eindeutig oder auch mehrdeutig passend in den Rahmen des Albumtitels.

Dabei ist Material von so unterschiedlichen Bands, Künstlern und Projekten wie Nightmares On Wax, Will Sergeant, China Crisis, The La’s, Frankie Goes To Hollywood, Echo And The Bunnymen, OMD (Orchestral Manoeuvres In The Dark), Geisha Girls, The Tempest, The Lotus Eaters, Dead Or Alive, Freeze Frame, A Flock Of Seagulls oder The Icicle Works, um nur einige ganz wenige zu nennen.

Unterstützt durch eine Buchartige Infotainment-Offenbarung im Inneren der optisch und haptisch hervorragend gelungenen „Revolutionary Spirit – The Sound Of Liverpool 1976-1988“-Kompilation, die absolut keine Wünsche zur Ära, zur Musik und zur Geburt von New Wave, New Romance und letztlich Electronica offen lässt, und mit unzähligen Fotos und Abbildungen vor allen Dingen die Augen der Fans der Musik Liverpools der Ära zum Leuchten bringen wird, überzeugt das Sammlerstück musikalisch und inhaltlich restlos, womit wir am Ende der heutigen, 43. Folge von „Remastered, Reissued & Expanded – Soul-Klassiker neu aufgelegt!“ wären, der Kolumne mit Kompilationen, Werkschauen, Reissues und Neubearbeitungen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade in Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr. 1 – dem SOUL TRAIN @ soultrainonline.de. Ich freue mich auf Folge 44!

[Der SOUL TRAIN berichtete immer wieder, in vielen Fällen sogar wiederholte male über die meisten der in dieser Kolumne genannten Musiker, Komponisten, Produzenten, Arrangeure, Schauspieler, Autoren, Künstler, Bands, Musikprojekte, Labels und Co. Alle in dieser Kolumne vorgestellten Veröffentlichungen sind grundsätzlich als Einzel-CD, Mehrfach-CD bzw. als Box Set erschienen und sind zu beziehen und werden vermarktet und vertrieben über Cherry Red Records/Rough Trade!]

© Michael Arens

SOUL TRAIN HOT TIP!

Crown Heights Affair – „Dreaming A Dream/Do It Your Way/Dream World“
Crown Heights Affair – „Dance Lady Dance/Sure Shot/Think Positive“
Ohio Players – „The Definitive Collection Plus…“
Kay-Gees – „Keep On Bumpin‘ & Masterplan/Find A Friend/Kilowatt“
Jonathan Butler – „Sarah, Sarah – The Anthology“