Ephemerals – The Third Eye
ReviewVerlosung 10. Januar 2020 Michael Arens
Ephemerals – The Third Eye (Jalapeno Records/Groove Attack)
Wer sich beim neuen, vierten Album des Ephemerals-Band-Konstruktes um den kongenialen Mastermind Hillmann Mondegreen, der auch gleich das neue Album „The Third Eye“ geschrieben und produziert hat, inspirieren und sogar irritieren lässt, liegt tatsächlich doch gar nicht so verkehrt, hat sich die Band mit diesem Album doch von einer klassischen Soul-Band mit retrospektiver Jazz- und Blaxploitation-Ideologie und Siebziger Jahre Psychedelica-Verklausulierung und glorreicher Deep Funk- sowie Hip Hop-Attitüde über die ersten drei Alben hinweg zu einem eindeutig unidentifizierbaren Klangwerk entwickelt, dem man ein offenes Ohr mutig und unvoreingenommen gönnen sollte, um in den vollen Genuss des mehrschichtigen, teils gar herausfordernden Inhaltes zu kommen – der SOUL TRAIN @ soultrainonline.de berichtete zigfach über Ephemerals (READ MORE & READ MORE).
Selbst Sänger Wolfgang Valbrun kann den Sound aber auch die musikalische Ideologie und die musikkulturelle Kernaussage von „The Third Eye“ nur schwer bzw., das Cover Artwork lässt grüssen, nur nebulös einordnen, nachzulesen in der inkludierten Presseinfo: „Es ist ein Album über den Lernprozess auf einer Reise, die die meisten Menschen in ihrem Leben nie entdecken werden oder viel zu spät, weil sie in ihren sozialen Konstrukten gefangen sind.“ erklärt Valbrun zum vertrackten und verflixten Album, aber auch zur Seelenfindung von Frontmann Mondegreen, und fährt fort: „Die Menschen haben Angst vor der Wahrheit und davor, sich selbst zu erkennen im verwaschenen Spiegel. So werden sie nie entdecken, was in ihnen steckt, weil sie Angst vor den Auswirkungen haben. Wir begegnen der Angst mit diesem Album – du kannst so etwas Intimes nicht schreiben, ohne dich selbst zum Thema zu machen.“
Nimmt man diesen inhaltlichen, irgendwie biografischen, musikideologischen Anspruch des neuen Longplayers, erschienen auf Jalapeno Records, über die wir im SOUL TRAIN bereits viele male berichteten, wird schnell klar, dass die gesamte vermeintliche, oberflächlich gefühlte Konzeptionsirrung in unbedingter Innovation, aber auch in echter Introspektive und schlicht und ergreifend in Experimentierfreudigkeit seitens des kongenialen Hillmann Mondegreen und seinen Ephemerals aufgeht.
Dass „The Third Eye“, faszinierender Weise auch auf der Album-Grundstimmung angemessenem Vinyl erhältlich, somit nur noch am Rande, vorzugsweise in wiederkehrenden Melodien und in der wunderbar bittersüßen Soul-Stimme Valbruns mit den ehemals im Kern anvisierten Black Music-Genresträngen Soul und Funk und damit auch mit Deep Funk oder Jazz und letztlich mit Groove zu tun hat, spielt bei alldem eigentlich nur noch eine Nebenrolle, ist das Set doch konzeptionell mit scharfkantigen Wegweisern und Kopfkinokitzelnden Klangexperimenten wie etwa jenen Stereo/Mono-Spielereien beseelt, die man immer wieder neu entdecken und interpretieren kann, und steht so als kleines Kunstwerk, aufgenommen in, wenn man denn als gleichzeitigen Genre-Diskurs so will, 70mm Ultrasonicscope Hiphoptica, für sich selbst, das allerdings nicht nur liefert sondern eindeutig fordert und dem geneigten Hörer mit ungezügelter und ungezwungener Vielfalt und vielschürfender Message regelrecht die Akustik-Pistole auf die Brust, Verzeihung, auf das Trommelfell setzt.
Die Ephemerals liefern mit „The Third Eye“ ihr sicherlich komplexestes und überraschendstes Album ab und lassen so die Spannungsspirale ins Unermessliche deichseln und stellen unmittelbar und lange vor dem letzten der elf Titel des Sets die Frage in den (Klang)Raum, was von einer Band wie dieser, die ein Album wie dieses abliefert und die einen stilistisch derart harten Bruch und schließlich Wandel binnen vier Alben vollzogen hat, noch alles kommen kann, kommen wird: die Ephemerals sind tot – lang leben die Ephemerals!
© Jürgen Paulendorf / Michael Arens
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