Craig Peyton – Electric Orgasmisoul
InterviewVerlosung 1. Januar 2015 Michael Arens
Aktuelle Alben:
Band X – The Best Of Band X (Reissue) (Band X/BBE Records/Alive)
Craig Peyton Group – Pyramid Love (Reissue) (Broken Records/BBE Records/Alive)
All jenen, denen der Name von Vibraphonist, Schlagzeuger, Perkussionist, Sänger, Songschreiber, Arrangeur und Produzent Craig Peyton (der SOUL TRAIN berichtete) bisher noch nichts sagt seien die beiden neuen Folgen auf der im SOUL TRAIN so beliebten Masters We Love-Reissues-Reihe auf BBE Records ans Herz gelegt: „The Best Of Band X“ der Band X aus dem Jahre 1976 sowie „Pyramid Love“ der Craig Peyton Group aus dem Folgejahr 1977. Beide Alben atmen den Geist von Mastermind Craig Peyton, der den Mainstream Jazz und den Jazz Fusion beider Formationen schon damals nutzte, Ideale aus Soul-Harmonie, Funk-Struktur und Groove-Gedächtnis in die Musik von Band X und der Craig Peyton Group einzuweben.
Der etwas futuristisch und nach heutigen Maßstäben mitunter gar experimentell und dadurch sagenhaft charmante Sound beider Alben (unter Mithilfe des von Craig Peyton selbst entwickelten sogenannten Orgasmitrons, dazu später im Interview mehr), die nun in, typisch BBE Records, eleganter Optik und Haptik das erneute Licht der Welt erblicken, ist ein sehr eigener, der jedoch so leicht zugänglich ist, dass die Sanftmut von Peytons Songkreationen, die auch mal wie Blue Eyed Soul mit Latin-Herz oder wie ein Soundtrack klingen, regelrecht süchtig macht.
In den Folgejahren nach der Original-Veröffentlichung der genanten Alben drehte sich Peytons Karriere zeitgleich zum weiterhin stabilen Dasein als Solo-Musiker, Session-Vibraphonist, Produzent und Ideengeber einer Vielzahl von großen und kleinen Namen des Black Music-Universums, angefangen bei Dan Hartman, Melba Moore, Gary Burton oder Will Downing bis zum legendären James Brown – allesamt keine Unbekannten im SOUL TRAIN – immer mehr um seine Faszination für das Fliegen und, eng damit verwoben, das Fotografieren bzw. Filmen.
In den Neunziger Jahren begann Craig Peyton, aus und mit diesem Umfeld, dem Fliegen und Fotografieren, womit er heute hauptsächlich seine Brötchen verdient, an die Öffentlichkeit zu gehen und machte sich seine eigenen Leidenschaften als Gesamtkunstwerk zum Wegbegleiter. Earth Flight nennt sich seither jene Idee, sehr edel wirkende Landschaftaufnahmen, von Peyton persönlich im eigenen Flug aufgenommen und mit eigener, instrumentaler Musik unterlegt, in Form diverser Videos und teils dazugehöriger Alben zu veröffentlichen – alleine die Videos, die sich auf YouTube unter der Namensbezeichnung Craig Peyton finden lassen, sprechen hier eine deutliche, wenn auch, zugleich das Hauptthema der Earth Flight-Produktionen (der SOUL TRAIN berichtete), verträumte Sprache.
Craig Peyton unterstreicht damit seine Einzigartigkeit nachdrücklich. Mehr noch: Craig Peyton ist ein eigene Kunstform, die eigenwillige Black Music-Sounds mit sphärischen Klängen, wunderschönen Landschaftsaufnahmen und dem Sehnsuchtspotential des Fliegens sehr eng miteinander verwebt. Peyton schlägt, ganz passend dazu, im SOUL TRAIN-Interview so durchaus auch melancholische, philosophische und auch schon mal esoterische Töne an – als Meister des elektrischen Vibraphons vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Mensch Craig Peyton, der neben all jenen musikalischen Kapriolen auch noch, sozusagen nebenbei, den Krebs besiegt hat, scheint somit in seiner Kunst aber auch in seiner Daseinsberechtigung als Teil dieser Welt eine sehr aufrechte Persönlichkeit zu sein, etwas, das wir im kommenden Interview noch etwas genauer unter die Lupe nehmen werden – wie gesagt, der Mann hat durchaus seine philosophischen, charismatischen Züge.
Als wäre das alles nicht genug, plant Craig Peyton gemeinsam mit der Original-Band aus Band X-Zeiten ein ganz neues Album-, Live- und Video-Projekt, was endgültig den SOUL TRAIN auf den Plan ruft.
Ein sehr bodenständiger, unglaublich netter, natürlich wirkender Craig Peyton klärt im exklusiven SOUL TRAIN-Interview über alle offenen Fragen zu all seinen Projekten auch weit jenseits des Tellerrandes der eingangs erwähnten Reissues der Alben von Band X und der Craig Peyton Group auf…
Michael Arens: „Bevor wir über die aktuellen BBE Records-Reissues deiner zwei Band X/Craig Peyton Group-Alben sprechen möchte ich gerne über ein Kapitel reden, welches mich in deiner Karriere ganz besonders fasziniert – deine Alben in den Neunziger Jahren, Alben wie „Songs From Home“ und „Tropical Escape“ mit für mich fast magischen Titeln wie etwa „Edwina’s Dream“ oder „Good-Morning“, gelagert zwischen verträumter Instrumentalmusik, Jazz und einem voranschreitenden, zarten Soulgefühl und damit also doch auch wieder ein wenig wie der Sound aus Band X- und Craig Peyton Group-Zeiten; gepaart allerdings dieses mal mit deinen sehr persönlichen Landschaftsaufnahmen aus dem Earth Flight-Projekt. Deine Karriere hat so viele verschiedene Phasen durchschritten…“
Craig Peyton: „Ja, nachdem ich damals einen Plattenvertrag bei Narada Productions (der SOUL TRAIN berichtete, Anm. d. Verf.) unterschrieben hatte, was eine sehr negative Erfahrung war, gründete ich mit Earth Flight Productions meine eigene Plattenfirma. Damals musste man allerdings auch, und das wurde mir erst nach und nach klar, tausende an CDs zu Promo-Zwecken pressen, tausende Dollars in Radio-Promotion stecken. Es gab gar keinen Weg in die grünen Zahlen zu kommen. Jedes Album war ein großer finanzieller Verlust. Also fing ich an, Werbespots zu machen, um es wieder neu zu versuchen.“
Michael Arens: „Mit Alben wie „The Web“?!“
Craig Peyton: „Ja, die meisten der Platten, die ich damals veröffentlichte, wie eben „Songs From Home“, „Tropical Escape“ oder „The Web“ sind praktisch unbekannt. Ich glaube, davon haben wir vielleicht jeweils etwa höchstens 1000 Exemplare vertrieben. Das macht mich auch etwas traurig, denn eine Menge Arbeit ist damals in die Produktionen geflossen. Ich werde immer etwas philosophisch, wenn ich an diese Zeit denke. Wenn du etwas machst, was deinem ganz persönlichen Standard entspricht, hast du danach leider keine Kontrolle mehr über das, was mit dem Produkt passiert. Vielleicht werden diese Alben eines Tages wiederentdeckt. Das ist eine komische Sache mit Kunst und Erfolg. Wenn man tatsächlich seine eigene Musik macht, macht man das im wesentlichen für sein eigenes Wohlergehen, für sich selbst…“
Michael Arens: „…was ja im wesentlichen und rein philosophisch betrachtet sowieso die Essenz von allem ist. Am Ende macht man Dinge im Leben sowieso immer für sich selbst (dazu später im Interview noch mehr…).“
Craig Peyton: „Das ist völlig korrekt. 2001 ging ich wegen einer kleinen Beule an meinem Nacken zum Arzt, und nach der Diagnose schien es so, als würde ich binnen eines Monats an Krebs sterben. Und dann denkt man schon darüber nach, was das Ganze hier auf dieser Welt eigentlich soll… worum geht es eigentlich?! Und dann freust du dich, wenn du etwas geleistet hast, was du ganz persönlich magst. Ich habe immer all meine Alben gemocht, habe aber auch mit allen Probleme gehabt, die Sachen zu veröffentlichen. Heute bin ich in New York City bei den ersten Proben mit meiner Original-Band, und wir arbeiten an einem Live-Programm… Wir wissen noch nichts genaues, haben aber vor etwa sechs Monaten angefangen, zu proben. Eine Wahnsinns-Erfahrung!“
Michael Arens: „Ist das die Original Craig Peyton Group-Besetzung?“
Craig Peyton: „Sogar haargenau! Wir haben uns fast eher zufällig erneut zusammengefunden, um Spaß zu haben, und mittlerweile haben wir einen Proberaum direkt neben dem Times Square.“
Michael Arens: „Und damit wären wir auch beim eigentlichen Grund für dieses Interview, den beiden Neuauflagen von „The Best Of Band X“ von Band X sowie „Pyramid Love“ der Craig Peyton Group aus dem Jahre 1977, beides Projekte unter deiner Federführung. Hat BBE Records, welche die Alben im Zuge ihrer Masters We Love-Reihe neu auflegen, dich angesprochen, oder war das Ganze deine Idee?“
Craig Peyton: „Es war eine totale Überraschung für mich. BBE Records sprachen mich vor etwa drei Jahren an, als das Band X-Album gerade in Japan unter anderer Firmierung als limitierte Auflage neu erschien. BBE Records hatten in etwa die gleiche Idee und die Rechte wurden kurze Zeit später sowieso wieder frei. Wir kamen also zu einer sehr gerechten Übereinkunft und das war es schon. Ich bin glücklich, dass diese Musik der Welt wieder neu vorgestellt wird.“
Michael Arens: „Was mir an beiden Alben auch fast vier Jahrzehnte später erneut auffällt, ist, dass Du Jazz, Rock, Pop und selbstredend Instrumentalmusik mit Soul vermischst und am Ende dem Ganzen einen eigenen Stempel verpasst, der dieses sehr spezielle Musikgefühl mit hohem Wiedererkennungswert mit sich bringt, der zu nicht unwichtigen Teilen aus deinem Instrument, den Electric Vibes, dem elektrischen Vibraphon, besteht. Der rote Faden deiner Musik sozusagen…“
Craig Peyton: „Korrekt. Als ich damals in der Berklee Music School war, um mit Gary Burton (der SOUL TRAIN berichtete, Anm. d. Verf.) zu studieren, war ich ein Schlagzeuger. Ich war damals 18 Jahre alt und war heiß darauf, eigene Musik zu schreiben. Wann immer ich mit meiner Band damals diese Songs spielen wollte, stellte sich das schnell als unmöglich heraus, da ich und wir eigentlich alle einfach den Sound, den ich wollte, nicht richtig spielen konnten. Ich für meinen Teil wollte ein melodisches Instrument spielen. Ich besprach das Problem also mit der Band. Genau zu diesem Zeitpunkt kam ganz frisch das „Deagan Electravibe 515“ auf den Markt – es war gerade erfunden worden. Ich ging also immer wieder zu „Manny’s Music Store“ (eine legendäre Musikalienhandlung im Big Apple, Anm. d. Verf.) in New York und starrte das Ding mit großen Augen an wie ein Kind auf der Kirmes. Das Ding kostete 900 Dollar, was für mich eine unglaublich riesige Summe war, wofür man sich zu der Zeit in etwa ein kleines Haus kaufen konnte. Zumindest fühlte es sich so an. (lacht) Ich bin also ein Jahr lang Schulbus gefahren, habe mir die 900 Dollar irgendwie zusammengespart, bin zu Mann’s gegangen und habe das Instrument gekauft. Und es ist noch genau dasselbe, dass ich noch heute habe und benutze!“
Michael Arens: „Konntest du das Teil sofort bedienen?“
Craig Peyton: „Na ja. Gary Burton bat mich, mit dem Teil zu einer Session zu kommen. Gary machte ja Jazz. Also hatte ich zwischenzeitlich eine Menge zusätzliche Dinge an und in das Instrument verbastelt, und als ich mit dem Aufbau im Studio begann, blickten mich alle an als sei ich ein Freak. (lacht)“
Michael Arens: „Coole Sache.“
Craig Peyton: „Ja. Ich wollte damals, so albern es klingt, der Jimi Hendrix der Electric Vibes werden (der SOUL TRAIN berichtete unzählige male über Hendrix, Anm. d. Verf.)! (lacht)“
Michael Arens: „Was hat Gary Burton also gesagt?“
Craig Peyton: „Ich glaube er war recht unbeeindruckt, all diese Gimmicks, die ich verbaut hatte. Aber eigentlich habe ich Band X mit ihm zusammen gegründet. Ich war ohne jeden Cent in der Tasche unterwegs, habe in Autos geschlafen. Aber die Band X und der Jazz mit Gary Burton haben mich damals aufrecht gehalten und gefüttert. Und am Ende kam genug Geld zusammen, dass ich eine Wohnung mieten konnte. Ich habe dann mein Leben der Musik gewidmet. Am Ende machte ich mit einem Freund durch den Umbau des elektrischen Vibraphons diese Erfindung, die ich, natürlich irgendwie im Scherz, Orgasmitron nannte, und mit dem ich Noten nach Belieben verändern, verdrehen und dehnen konnte. (gemeinschaftliches Lachen) Bei Band X kam das allerdings noch nicht so wirklich raus, erst später, bei dem Material der Craig Peyton Group, fing ich massiv damit an.“
Michael Arens: „Du hast also dieses mächtige 900 Dollar-Instrument tatsächlich technich verändert?!“
Craig Peyton: „Oh ja. Ich nahm das ganze Ding komplett auseinander, fügte alle mögliche Dinge hinzu. Es war schrecklich. (lacht) Ich wollte immer mehr Sound haben. Ich bin heute noch so, möchte immer mehr als das Mögliche aus Instrumenten rausholen.“
Michael Arens: „Hast Du dich damit nicht auch mal selbst ausgebremst?“
Craig Peyton: „Oh ja. Eine der größten Schläge ins Gesicht, der meine Karriere bisher am meisten beeinflusst hat, war Dan Hartman (der SOUL TRAIN berichtete, Anm. d. Verf.), der zu einem meiner Gigs kam und mich meine Electric Vibes spielen hörte.“
Michael Arens: „Der „Relight My Fire“-Dan Hartman?“
Craig Peyton: „Genau der. Er wurde später ein guter, persönlicher Freund von mir. Er kam zu einem Gig in der Gegend, wo ich damals lebte, in Connecticut. Er war total beeindruckt von den Sounds, die er hörte. Er kam also zu mir uns sagte, dass er mich auf eine seiner Platten packen wollte. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt gar nicht, wer er war. Mir wurde dann gesagt, dass er diesen Song „Instant Replay“ gemacht hatte, den ich für totale Scheiße hielt. (lacht) Ich mochte „Free Ride“ und einige der Sachen, die er mit Edgar Winter (Johnny Winters Bruder, der SOUL TRAIN berichtete zigfach über alle erwähnten, Anm. d. Verf.) gemacht hatte.“
Michael Arens: „Wie ging’s dann weiter?“
Craig Peyton: „Ich kam in sein Studio, spielte meine Electric Vibes für einen Song der sich „Vertigo/Relight My Fire“ nannte. Der ganze Song besteht praktisch nur aus einem einzigen langen Solo mit mir am Orgasmitron, wie ich jeden Effekt benutze, den ich nur aus dem Ding rausquetschen konnte, jeder Tropfen meiner Kreativität wurde abgerufen. Die Platte wurde zu einem Riesen-Hit. Alle Sounds klangen irgendwie nach Star Wars, nach Keyboards und Synthesizern, wurden aber tatsächlich auf meinen Electric Vibes gespielt. Leuten wie Stevie Wonder (der SOUL TRAIN berichtete immer wieder, Anm. d. Verf.) und andere machten ebenfalls bei der Platte mit. Und ich dachte also, hey, das könnte mein großer Durchbruch sein! Von schlecht bezahlten Auftritten in kleinen Jazz-Clubs könne ich nun in meinem Auto meine eigenen Songs auf drei verschiedenen Radiosendern hören… (gemeinschaftliches Lachen) Leider war das alles eigentlich der schlechte Teil meiner Karriere, denn absolut niemand nahm wahr, dass der Sound der Platte eben NICHT von einem Keyboard oder einem Synthesizer oder sogar einer Gitarre stammte, sondern AUSSSCHLIEßLICH von mir und meinem Instrument! Ich kam also zu der sehr nüchternen Einsicht, dass diese Platte meine Karriere nicht so anschieben würde, wie ich es mir erhoffte, da mein Instrument schlichtweg nicht ausreichend wahrgenommen wurde oder sogar gar nicht wahrgenommen werden konnte.“
Michael Arens: „Und trotzdem gab es Dinge, die sich aus dem Erfolg entwickelten…“
Craig Peyton: „Ja. Plötzlich traten Leute wie Shep Pettibone (der SOUL TRAIN berichtete, Anm. d. Verf.) an mich heran, und wollten, dass ich Platten produziere. Das schlechte daran war, dass mich niemand mein Instrument spielen hören wollte. Alle wollten mich plötzlich im Studio haben, wollten, dass ich Platten produzierte und Soul- und R’n’B-Sachen an den Start bringe. Niemand wollte mich mein Instrument spielen hören. Es gab da ein Label in Pittsburgh namens Pittsburgh Track Authority (der SOUL TRAIN berichtete), die mich damals kontaktierten und für die ich schließlich eine neue Version von William DeVaughns „Be Thankful (For What You Got)“ machte. Der Track wurde am Ende von Profile Records, die damals mit Sharon Brown und natürlich Run DMC groß im Business waren (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete über alle genannten Künstler, Labels und Songs, Anm. d. Verf.), veröffentlicht und seitdem mindestens zehn mal auf den verschiedensten Labels neu aufgelegt. Profile Records wollten, dass ich eine Art neuer Paul Hardcastle (auch über ihn berichteten wir im SOUL TRAIN immer wieder, Anm. d. Verf.) für sie werden sollte. Dazu kam, dass ich auch Run DMC und das ganze Rap-Ding nicht wirklich verstand. Ich dachte, ok, wieder eines dieser kurzlebigen Modeerscheinungen. (lacht). Hätte ich nur geahnt, dass Hip Hop die ganze Musikindustrie für immer verändern würde…“
Michael Arens: „Also kam endlich etwas Geld rein, denn Du musst ja auch deine Miete zahlen…“
Craig Peyton: „Genau. Da ich ja ein hungriger Musiker war, endete es also damit, dass ich Platten für den Soul- und Dance-Bereich für Leute wie Darryl Payne, Will Downing, Melba Moore und sogar James Brown (der SOUL TRAIN berichtete über alle genannten, Anm. d. Verf.) machte, was für mich wirklich schade war. Ich war zwar in New York City in das Musikbusiness involviert, konnte aber meine eigene Musik nicht umsetzen. Für mich bestand die wahre Motivation immer darin, mein Instrument trotz des originären Vibes-Sounds so klingen zu lassen, als wäre es ein anderes oder doch zumindest ein sehr besonderes. Und das ist bis heute so geblieben. Tatsächlich habe ich dieses Jahr, also nach rund 40 Jahren im Musikbusiness, mein allererstes akustisches Vibraphon gekauft.“
Michael Arens: „Wow.“
Craig Peyton: „Ich bin jetzt 61, werde älter, meine Ohren sind nicht mehr so gut, wie sie waren. Also war mein Plan, wieder etwas einfachen Jazz zu spielen. Ich traf auf meinen ehemaligen Drummer, Ray Marchica (der SOUL TRAIN berichtete, Anm. d. Verf.), der sofort dabei war. Seitdem treffen wir uns regelmäßig in New York zum jammen. Ray erinnerte mich daran, dass ich ein Electric Vibes-Spieler bin, und ich wollte schließlich nicht wieder meine Herkunft verleugnen, also was soll der ganze Scheiß, ich spiele wieder Electric Vibes, auch, wenn ich der einzige Mensch auf der Welt bin, dem das was bedeutet.“
Michael Arens: „Gut so. Man macht im Leben und am Ende sowieso alles eigentlich nur für sich.“
Craig Peyton: „Ja, ich habe diesem Instrument tatsächlich mein ganzes Leben gewidmet, dabei bin ich noch nicht einmal sehr gut darin. Ich bin ein sehr technischer Spieler. Ich konnte noch nie so wie zum Beispiel Gary Burton spielen. Ich würde es noch nicht einmal probieren wollen.“
Michael Arens: „Und trotzdem hast Du es im Musikbusiness geschafft, hattest Erfolg. Und wenn sich ein Magazin wie der SOUL TRAIN heute mit dir unterhält und über deine Musik, die ja teils einige Jahrzehnte zurückliegt, spricht, muss sich das doch einfach gut anfühlen, oder?!“
Craig Peyton: „Oh ja, natürlich. Darum geht es doch immerhin. Nach den ganzen Hungerjahren hatte ich ja endlich auch Erfolg und war mitten in der Musikwelt New Yorks angekommen, als Studiomusiker beispielsweise. Ich entwickelte sogar eine Art Arroganz, wurde wütend auf andere Musiker, was daran lag, dass ich in meinem Kopf immer wusste, welche Art Musik ich wie spielen möchte. Das brachte mich ja schließlich auch dazu, mir die neuen akustischen Fairlight Vibes zu kaufen, was eine große Investition und ein großes Risiko für mich bedeutete. Wenn ich aber zurückblicke, war es, glaube ich, ein Fehler, Technologie zu kaufen, die es mir erlaubte, eben NICHT mit anderen Musikern zusammenarbeiten zu müssen. Musik ist halt auch ein soziales Ding.“
Michael Arens: „Im Verlauf deiner Karriere hast Du dann neben der Musik auch die Optik, die Fotografie, das Filmen mit in deine Kunst integriert und mit deinem Earth Flight-Projekt auch gleich deine Faszination für das Fliegen mit eingebunden. Wie geht das alles zusammen? Wird es bei dem kommenden Projekt mit deiner „neuen/alten“ Band auch eine Rolle spielen?“
Craig Peyton: „Mir war schon klar, dass Du mit diesem Interview meinen Tag rettest, aber mit dieser Frage rettest du meinen ganzen Monat! (lacht) Ich habe bisher Fotos und Filme für hunderte Produktionen gemacht, das meiste davon sozusagen Behind The Scenes. Fotos werden hier und da verkauft, Videos von New York City… solche Sachen. Alles geht zurück darauf, dass ich vor vielen Jahren unbedingt ein Video mit meiner Musik auf VH-1 haben wollte. Da meine Musik aber eine instrumentale Musik war, haben alle abgewunken, auch meine damalige Plattenfirma. Dann wurde ich Pilot, etwas, was mich immer fasziniert hat, und habe mir gedacht, das kann ich auch alleine. Ich habe mir dann eine alte, gebrauchte 60mm-Kamera gekauft und eine Masse an Filmmaterial verheizt, bis ich schließlich meinen ersten Film fertig hatte, für das „Latitude“-Album. Parallel dazu fing ich aber gerade auch an, Fotos und Filme für Werbung zu verkaufen, Bilder von Bergen oder Flüssen. Langsam begriff ich, dass es da ein Geschäft für mich gibt, und genau das ist dann die Verbindung zur Musik. Seit neuestem benutze ich auch nagelneue vollautomatische Drohnen aus China. Diese Dinger krempeln gerade den Markt um; Wahnsinnstechnik! Eigentlich sind ja also Fotografie, Filmen und Musizieren drei ganz verschiedene Erscheinungen, aber in meinem Herz gehört alles ganz eng zusammen, auch bei meinem kommenden Projekt mit meiner neuen/alten Band, die sich übrigens, nach ersten Überlegungen, sie wieder Craig Peyton Group zu betiteln, als Hommage an Chic Coreas legendäre Return To Forever-Formation Return To Whatever (der SOUL TRAIN berichtete immer wieder über Chic Corea und Return To Forever, Anm. d. Verf.) nennt.“
Michael Arens: „Womit wir wieder beim Kernthema wären, der Musik, die uns ja hier zum Interview zusammengeführt hat. Bei aller stilistischen Vielfalt, die du Solo, mit deiner Craig Peyton Group oder mit Band X oder in deinen Kollaborationen mit Dan Hartman und Co. gemacht hast, ob nun Elemente aus Jazz, aus Latin oder aus Pop oder Disco verwendet wurden, ist das große Hauptgefühl, der emotionale rote Faden, ganz klar Soul!“
Craig Peyton: „Ich liebe R’n’B, ich liebe Black Music und Soul, aber es ist immer sehr schwierig, das über die Electric Vibes zu transponieren. Ich bin ja auch ein Kind der Sixties, habe meinen üblichen Anteil an Sex, Drugs und Rock’n’Roll mitgemacht, (lacht) aber es war immer mein eindeutiges Gefühl, dass Musik einfach überall ist. Und wenn wir musizieren, ziehen wir lediglich einige Teile davon an uns heran. Ich nenne das den Universal Groove! Wenn es nicht fließt, hast du kein wirklich gutes Stück Musik gemacht – das ist meine Philosophie. Als Künstler muss du glücklich sein, wenn du irgendjemand beeinflusst hast und diesen Jemand dann vielleicht sogar zu etwas größerem geführt hast…“
© Michael Arens
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VERLOSUNG!
Der SOUL TRAIN verlost jeweils 3 Exemplare von Craig Peyton Group – „Pyramid Love“ (Reissue) sowie Band X – „Best Of“ (CD)!
Einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Earth Flight“ an soul@(nospam)michaelarens.de – viel Glück!
Mehr Infos zu unseren Verlosungen gibt es hier: SOUL TRAIN-FAQ