Haldi & ans Flamingo – Õige aeg

Haldi & ans Flamingo – Õige aeg (Funk Embassy Records)

Es liegt ein echter, rückbesinnender, bewusst schleierhafter Siebziger- und Achtziger Jahre-Zauber über „Õige aeg“ (in etwa „Der richtige Zeitpunkt“) von Haldi & ans Flamingo aus Estland, was umso erstaunlicher ist, da die EP, trotz nur sechs Tracks rein Längenmassig ein abendfüllender Longplayer, das Debüt der quietschfidelen, aber nie hektisch aufspielenden Formation auf dem im SOUL TRAIN @ soultrainonline.de immer wieder thematisierten Label Funk Embassy Records ist (READ MORE).

Von der Presseinfo liebevoll “uptempo discotheque material“ genannt, dreht sich der Sound zum einen um Haldis bewusst zarte, sogar erotische Kopfstimme, die Erinnerungen an allerbeste, auch mal melancholische California Vibe- und Easy Listening-Momente zwischen Astrud Gilberto, Herb Alpert oder Sérgio Sá bzw. Paul Bryan oder den übertrieben weichgespülten, stimmlich dahingehauchten, stark zentraleuropäisch gekennzeichneten Siebziger Jahre-Keksdosen-Discosoul á la Baccara, Luv, Saint Tropez oder Silver Convention (der SOUL TRAIN berichtete viele male über alle genannten: READ MORE / READ MORE / READ MORE) freisetzt ohne dabei den eigenen Alleinstellungs-Druckpunkt loszulassen.

Soul, Funk, Jazz und zarte Latin-Ideologien und letztlich immer wieder wunderschönster, harmonischster Jazzfunk aus den Jahrzehntwechseln Sechziger- und Siebziger Jahre sowie, erstaunlich, aber ganz wunderbar umgesetzt, Siebziger- und Achtziger Jahre gleichermaßen sowie eine umwerfend authentische Disco-Attitüde der Ära lassen aus der „Õige aeg“-EP von Haldi & ans Flamingo eines der besten Alben der letzten Zeit werden, ganz egal welcher Musikstilistischen Black Music-Couleur man sich nun verpflichtet fühlt.

SOUL TRAIN HOT TIP: Haldi & ans Flamingo – Õige aeg (Funk Embassy Records)

Co-Songwriter, Bassist und Produzent Mattias Tirmaste und fulminant, aber stets zurückhaltend und sehr geschlossen agierende Co-Musiker werden durch wunderbare, als warme Decke fungierende Backing Vocals aus dem Black Music-infiltrierten Schmalzhimmel sowie einer eng formierten, ebenfalls vorsichtig agierenden Bläsersektion flankiert, sodass das Ergebnis ein magisches Stück Retro-Jazzfunk, Sixties Lounge und richtig cooler, dahinrollende Boogie-Magie geworden ist, nach der sich jeder Black Music-begeisterte, der ein Herz und letztlich ein Ohr für das Gefühl der Sixties, Seventies und frühen Eighties zugleich hat, die Finger lecken dürfte, hochaktuelle Anlehnungen an allerbesten Yacht Rock, Californian Soul, Blue Eyed Soul und AOR und nicht zuletzt selbstbewusstem MOR-Zauber inklusive.

Dass der gesamte Gesang hier estnisch ist und hierzulande eher wenige dieser faszinierenden Sprache mächtig sind, fällt dabei erstaunlich wenig ins Gewicht – mehr noch: es addiert noch einen weiteren Level an Verträumtheit, Schleier und Magie.

Jene Presseinfo führt Marju Kuut, Velly Joonas, Heidy Tamme und Els Himma, hierzulande nur wenige beschrieben Blätter estnischer Black Music-Geschichte (READ MORE / READ MORE), an, die Inspiration von Frontfrau Haldi aufzuschlüsseln, was zwar faszinierende Kapitel estnische Musikgeschichte aufblättert, aber nur eine Fußnote im unglaublich coolen Gelingen von „Õige aeg“ von Haldi & ans Flamingo sein dürfte, denn, Hand aufs Herz, zunächst ist es nur wenig relevant, woher die Musik stammt oder wer sie macht, solange sie nur so unglaublich schön und gut ist wie hier – solange sie eben Seele – Soul – hat.

Aufgenommen auf Vintage-Equipment und mit einem Händchen für analoge Strukturen unter der Supervision von Sten-Olle Moldau wird „Õige aeg“ von Haldi & ans Flamingo, natürlich auch auf entsprechend magischem Vinyl erhältlich, alle geneigten Black Music-Retro-Ohren fraglos schnell in seinen Bann ziehen, was mir keine einzige Sekunde lang eine andere Möglichkeit lässt als dem Werk, eines der besten, coolsten und fraglos herzlichsten der letzten Monate, die SOUL TRAIN HOT TIP-Krone aufzusetzen: liebe Haldi & ans Flamingo-Formation, bitte schnell, ganz schnell, viel, viel, viel mehr davon!

© Michael Arens

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