Aktuelle Alben:
Hamilton de Holanda – Bandolim / Brasilianos 2 / Brasilianos 3 / Trio / Pelo Brasil / O Baile De Do Almeidinha (Reissues) (alle: Brasilianos/MPS/Edel)
Hamilton de Holanda (der SOUL TRAIN berichtete) ist in seiner brasilianischen Heimat eine feste Größe. Bekannt für seine enge Beziehung zu seinem Instrument, der Mandoline, präzise betitelt der zehnsaitigen Mandoline, stellt er seit seinen Anfängen vor rund zwei Dekaden auf runden 40 Alben (!) Solo und in Personalunion mit anderen Musikern klar, dass die Grenzen tatsächlich gespielter, erlebter, gefühlter Musik grundsätzlich fließend sind – seine instrumentale Herangehensweise und sein konzeptionelles Album- und Musikdenken schlägt sich immer wieder in den fabulösen Charakteren seiner Werke nieder.
Das legendäre Rio de Janeiro ist die Heimat Hamilton de Holandas, der zugleich in Manaus aufwuchs, dort das Mandolinenspiel erlernte, und der heute, mit nicht einmal 40 Jahren, bereits eine der wichtigsten Schaltzentralen brasilianischer Musik ist – egal ob nun Jazz, sein über alles geliebter Choro (der SOUL TRAIN berichtete), Bossa Nova, Samba, Folk, oder schlichtweg den zwei großen Musikfamilien akustische Gitarrenmusik und Weltmusik. De Holanda ist somit nicht nur einer der fleißigsten Musiker überhaupt, er ist auch das kreative Herz und vor allen Dingen das Bauchgefühl brasilianischer Musikidentität, die eben auch dank ihm selbst nicht immer nur Samba und Bossa Nova als Vortrieb hat, sondern gerade mit den leisen, charakterstarken Tönen, eben dem streichelnden, sanft dahingleitenden Sound der Mandoline seine ganze und wahrhaftige, mitunter gar magisch anmutende Entfaltung findet.
Dass ein Instrument wie die Mandoline in den Fingern eines Virtuosen wie Hamilton de Holanda derart Eigenleben entwickeln kann, ist ein weiterer seiner Wesenszüge: Trotz der oft sparsamen Instrumentierung und der Auskleidung als so genannte Instrumentalmusik höre ich bei seinen Alben den Bauch und das Herz von Soul und Funk, sogar das Fußwippen von retrospektiver Discomania, das Augenzwinkern von Blues, die verkopfte, feinfühlige Akkuratesse von Jazz in seiner strukturiertesten Form, selbstredend immer aber auch die Seele der Musik seiner brasilianischen Heimat, der heimlichen Musikhauptstadt dieses Planeten.
Dabei hat die Musik seiner Alben auf jedem seiner unzähligen Veröffentlichungen auch Züge klassischer Musik und provoziert ein Kopfkino, welches ein sommerliches Abenteuer aus dem Dschungel ebenso bedienen kann wie eine melancholische Liebesgeschichte, die leidenschaftliche Geschichte einer Rock-Band, eine Kriminalkomödie, ein Dokumentarfilm über die Ökologie des brasilianischen Regenwaldes, eine Tragikkomödie, eine Liebeserklärung…
Das von der Musikindustrie erst vor wenigen Jahren wieder neu belebte, legendäre MPS-Label (Musik Produktion Schwarzwald – ein weiteres faszinierendes Thema für sich, zu dem wir im SOUL TRAIN bereits viel gesagt haben und in der Zukunft sicher noch sagen werden…) bringt nun eine ganze Reihe noch gar nicht so alter de Holanda-Alben neu auf den Markt und macht so den Weg frei für Hamilton de Holandas neueste Album-Kreationen, die immer wieder erstaunen und aufgrund ihrer konzeptionellen Geschlossenheit unglaublich Fahrt aufnehmen – allesamt bis zum Rande des Machbaren angefüllt mit Herz und Seele… und der handgemachten, zehnsaitigen Mandoline Hamiltons, welche fast ausdrucksstärker als die (eigene) menschliche Stimme zu sein scheint.
Unter den Hamilton de Holanda-Album der MPS-„Baureihe“ wäre zunächst die „Bandolim“-Kompilation zu erwähnen, welche, sozusagen als Ankündigung, de Holanda-Material seiner Alben „Brasilianos 2“ (von 2008), „Brasilianos 3“ (2011), „Trio“ (aus 2013, dass zugleich von MPS auch als Vinyl veröffentlicht wird) sowie aus aktuellem Hamilton de Holanda-„Bestand“ des laufenden Jahres 2015 „Pelo Brasil“ und „O Baile De Do Almeidinha“ vorstellt.
Alle Veröffentlichungen – CDs – kommen in herausragendem optischer und haptischer Auskleidung und wurden von Seiten des MPS-Labels (übrigens im Vertrieb von Edel) mit hochwertigen Booklets samt Fotostrecken bestückt, welche das Spiel und das Gusto von Komponist, Produzent, Musiker, Mensch Hamilton de Holanda bestens bebildern.
„Trio“ zeigt Hamilton dann sogar als, im weitesten Sinne, Kopf eines klassischen Mainstream Jazz-Trios mit großem Improvisationspotential, bei dem de Holanda es versteht, sich dem Kollektiv unterzuordnen – eine Gratwanderung, die er auch während seiner Zusammenarbeit mit dem italienischen Pianisten Stefano Bollani (der SOUL TRAIN berichtete mehrfach) inhalieren und für sich selbst installieren konnte – Hamilton de Holanda Jazz-Superstar.
Beim besagten „Trio“ („Ich spiele lieber in Begleitung einer Gruppe“ sagt Hamilton de Holanda über sich selbst und seine Kollaborationen im Trio und mit anderen Musikern überhaupt, insbesondere auf der Bühne) sind es neben dem einmal mehr genialen Mandolinenspiel de Holandas der Bassist André Vasconcellos und Perkussionist Thiago de Serrinha, welche dem fast minimalistischen, sehr intim wirkenden Mandolinenstreicheln Rhythmus und, auch das ein wiederkehrendes Muster in Hamilton de Holandas musikalischen Lebenslauf, Groove, mit auf den Weg geben – wunderbar.
„Pelo Brasil“, Hamilton de Holandas, sofern ich richtig mitgerechnet habe, 27. Album, gerade erst neu auf MPS/Edel erschienen, ist dabei ein weiteres Beispiel für die fast sparsam wirkende Spielfreude, die sich bei aller minimalistischen Instrumentierung so voll anhört, anfühlt, als spiele ein ganzes Orchester – das Wunder der Mandoline und deren freier Entfaltung durch ein Genie wie Hamilton de Holanda.
Im Verlauf seiner Karriere spielte Hamilton de Holanda, der gerade auch seine eigene Respektsbekundung der brasilianischen Musikgeschichte mit Egberto Gismonti oder João Gilberto (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete über beide genannten) immer wieder in seiner Musik durchklingen lässt, übrigens im Studio als auch auf der Bühne, mit SOUL TRAIN-Stammgästen Omar Sosa, Chucho Valdés, Mark Marshall, Yamandu Costa, Wynton Marsalis oder Richard Galliano zusammen, was einmal mehr die stilistische, eklektische Bandbreite des Mandolinenmeisters de Holanda zeigt.
Bereits als Kind kam Hamilton de Holanda, der 1995 den begehrten Preis als bester Interpret beim zweiten Choro Festival in Rio de Janeiro bekam und dessen Alben mehrfach für den Grammy nominiert wurden, angeleitet durch seinem Großvater, selbst Musiker, mit der Musik und deren faszinierenden Möglichkeiten in Berührung; ein Schulterschluss, der ihn bis heute intensiv durch sein Leben führen sollte, und der ihn unter anderem sogar dahin brachte, gemeinsam mit seinem Bruder Fernando César und seinem Vater die Gruppe Dois de Ouro zu gründen – es bleibt in der Familie, der tatsächlichen aber eben auch der musikalischen.
Und genau an dieser Stelle schließt sich der regelrecht herzerwärmende, beseelte Kreis zu den aktuellen Veröffentlichungen des sehr familiären, legendären Labels MPS – „Bandolim“, „Brasilianos 2“, „Brasilianos 3“, „Trio“, „Pelo Brasil“ und „O Baile De Do Almeidinha“ – das nun das neue Zuhause Hamilton de Holandas ist und es hoffentlich sehr, sehr lange bleiben wird.
Der SOUL TRAIN empfiehlt (aus den erwähnten Gründen bitte unbedingt als Hardware, sprich CD oder Vinyl, zu empfehlen, obwohl es die Alben selbstredend auch als Download gibt): Hamilton de Holanda mit den MPS-Alben „Bandolim“, „Brasilianos 2“, „Brasilianos 3“, „Trio“, „Pelo Brasil“ und „O Baile De Do Almeidinha“.
© Holger S. Jansen
VERLOSUNG!
Der SOUL TRAIN verlost 3 Reissues-Pakete mit jeweils allen 6 Alben von Hamilton de Holanda (CD) „Bandolim / Brasilianos 2 / Brasilianos 3 / Trio / Pelo Brasil / O Baile Do Almeidinha“ (CD)!
Einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Hamilton“ an soul@(nospam)michaelarens.de – viel Glück!
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