Aktuelles Album: Joel Sarakula – Companionship (Légère Recordings/Zebralution/Broken Silence)
Mittlerweile gehört es fast schon zum guten Ton vieler jener Künstler, die sich den zahlreichen und vielschichtigen Strömungen, Krümmungen und Seitenarmen von Soul und Funk widmen, retrospektive, kalifornische Blue Eyed Soul-Energie und die kernige, mitunter hymnenhafte Melodienverliebtheit des Soft Rock der Siebziger Jahre in ein Genre zu verschneiden, das eigentlich eher ein Lebensgefühl beschreibt: Yacht Rock, wie sich jenes Genre heute, sozusagen ganz inoffiziell, nennt, bekam auch durch den SOUL TRAIN @ soultrainonline.de immer wieder eine Stimme, welche unter anderem Bands wie Young Gun Silver Fox um Andy Platts und Shawn Lee (READ MORE / READ MORE) aber eben auch Künstler wie Joel Sarakula (READ MORE) als prominenteste Vertreter des Genres, dass eigentlich, um die Thematik noch einmal zu unterstreichen, eher die musikalisch-emotionale Zusammenführung eines überaus harmonischen, melancholisch durchtränkten Black Music-Songgefühls war und ist, als Zentrum jener Yacht Rock-Bewegung zelebrierte.
Mit „Companionship“ veröffentlicht der Australier Joel Sarakula mit britischer Wahlheimat nun nach „The Golden Age“ 2013, „The Imposter“ 2015 (Sarakula im exklusiven SOUL TRAIN-Interview zum Stil der beiden Alben: „“The Imposter“ war mehr Sixties-beeinflusst, ein Soul-Mod-Ding mit einigen psychedelischen Momenten; „The Golden Age“ war dagegen ein großer Sixties/Seventies-Pop-Song, wie jener der Beach Boys oder gar The Beatles, nur, um ein stilistischen Vergleich anzubringen, aber es gibt auch einen Disco-Song auf „The Golden Age“… The Zombies oder The Kinks haben so etwas gemacht…“) und schließlich dem hochgelobten „Love Club“ 2018 (READ MORE) sein mittlerweile viertes Album, das noch schlüssiger und reifer und intensiver und damit griffiger und organischer klingt als seine Vorgänger.
Die Vermischung von Soul, Funk, Siebziger Jahre Disco- und Boogie-Gefühl, melodischen Jazz-Licks, retrospektiven Soft Rock-Strukturen, Blue Eyed Soul- und erfrischend unverbrauchtem Pop-Gefühl und dem unwiderstehlichen Black Music-Schmelz der kalifornischen Bay Area und sogar der gesamten Westküste der USA lässt den Sound der zehn Titel von „Companionship“, erschienen wie bereits sein Vorgänger „Love Club“, beim Légère Recordings-Label und in Deutschland erhältlich über den Broken Silence-Vertrieb und selbstverständlich auch als Vinyl-Variante am Markt, bewusst mattglänzend scheinen und rollt ihn mit durchweg handgemachter Musikhandwerksattitüde zusammen zu einem kernigen und retrospektiv infiltrierten Soul- und schließlich Yacht Rock-Bravourstück, das als Sammlung einzelner Songs ebenso funktioniert wie als Album-Gesamtkunstwerk: Mit „Companionship“ lebt und atmet Joel Sarakula, Songwriter, Multiinstrumentalist, Produzent und nicht zuletzt Sänger und Herzblutmusiker seine eigene Idee und Philosophie von Yacht Rock mit all seinen Verästelungen in jener großen Black Music-Gemüts- und Wehmutsblase, die gerade uns in der SOUL TRAIN-Redaktion seit Jahren immer mehr in Verzückung bringt.
Warum die mitgelieferte Presseinfo im Versuch, eine stilistische und ideologische, musikhistorische Einordnung von Joel Sarakulas Style und dem musikalischen, nachvollziehbar als „sonic“ verorteten Habitus von „Companionship“ zu treffen, so vermeintlich unterschiedliche Künstler wie Hall & Oates (Daryl Hall und John Oates), Elvis Costello, Todd Rundgren oder George Duke heranzieht, sowie viele weitere faszinierende Einblicke in die musikalische aber auch emotionale Welt des Weltenbummlers und Black Music-Connaisseurs Joel Sarakula mit der Sehnsucht in der seiner Musik perfekt hinzugehauchten Stimme, verrät uns Joel Sarakula im exklusiven SOUL TRAIN-Interview…
Michael Arens: „Ich bin überaus beeindruckt von deinem neuen Album „Companionship“, welches sich noch zusammengehöriger und stimmiger anhört als „Love Club“ 2018. Gehe ich noch einen weiteren Schritt zurück gefällt mir an dir als Musiker besonders, dass Du eben erfrischend anders bist und nicht die üblichen, breitentauglichen, musikstilistischen Wege einschlägst, auch, wenn dieses ganze Yacht Rock-Ding gerade durch die Decke zu gehen scheint…“
Joel Sarakula: „Ja, ich bin sicher ein sehr unabhängiger Künstler. Ich schätze, dass ich bisher auf meinem eigenen Pfad gewandelt bin in meiner Karriere, ob das nun auch gut oder schlecht war. Einige vage Skizzen von „Indigo Night“ vom neuen Album waren die ersten Sachen, die ich für das neue Album gemacht habe, und irgendwie auch „London Road“, Skizzen, die ich bereits direkt nach „Love Club“ gemacht habe. Am Ende jenes Jahres, als „Love Club“ veröffentlicht wurde, hatte ich bereits so etwas wie eine Vorlage für das neue Album. Es gab nicht unbedingt Texte oder eine Melodie, aber manchmal bekomme ich einfach ein Gefühl für einen Song, ich kann es dann irgendwie in kleinere Abteilungen aufteilen, ich weiß dann, dass die Bausteine schon da sind und wenn ich sie dann brauche, benutze ich diese einfach. Es ist witzig, ich schreibe das meiste davon noch nicht einmal auf, ich kann die Teile einfach benutzen, weiterverwenden und entwickeln und ich weiß, dass am Ende dieses Prozesses ein Song daraus entstanden sein wird. Es muss nur ausgearbeitet werden…“
Michael Arens: „Das klingt einfacher, als es wahrscheinlich ist…“
Joel Sarakula: „Ja, direkt nach „Love Club“ war ich sehr viel auf Tour, auf Festivals und all das. Ich hatte also überhaupt keine Zeit, an den Songs zu schreiben. Es gab ja auch keinen Grund, schon ein paar Monate nach einem aktuellen Album wie „Love Club“ direkt wieder ein neues Album herauszubringen. Nach etwa einem Jahr hatten ich dann alle Songs in etwa zusammen, bis ich eine Art Songwriter-Beziehung zu Paul Milne aus London aufnahm, der in der Band Green Seagull spielt. Wir arbeiteten bereits 2018 zusammen und hatten zusammen mittlerweile rund 20 Songs geschrieben. Wir wussten nicht, wohin wir genau damit wollten, aber wir hatten zehn oder elf wirklich gute Tracks dabei! Wir trafen uns immerhin etwa einmal im Monat. Zugleich hatte ich die verschiedensten Projekte laufen… Dann, gegen Ende September letzten Jahres, dachte ich mir, dass es nun langsam an der Zeit wäre, ein neues Album herauszubringen. Also holte ich diese Songs aus meinem Kopf und aus meinem Notebook heraus, Songs, die ich teils im Studio gejammt hatte und die ich dann schnell meiner Band gezeigt hatte, die Akkorde…“
Michael Arens: „Und jene aus deiner Zusammenarbeit mit Paul (Milne)…“
Joel Sarakula: „Ja, die anderen Songs waren jene, die ich mit Paul (Milne) geschrieben hatte. Auf diesem Wege kamen etliche Songs auf verschiedensten Wegen zusammen. Alles Songs, die irgendwie gut zusammenpassten, Soulful und Jazzy waren und irgendwie zu meinem Stil passen. Die Sachen, die ich dabei mit Paul (Milne) geschrieben hatte, waren zugleich mehr Sixties-Gitarrenorientiert, mehr Pop-haft. Dann hatte ich noch einen Song mit Andy Platts geschrieben, und so kam alles zusammen. Das waren bis zu 20 Songs, an denen ich arbeitete. Und während du dann an den Sachen arbeitest, bemerkst du, welche Songs besser funktionieren, welche besser zueinander passen, und so weiter. Es gab dann 16 Songs, von denen immerhin zwölf tatsächlich ernsthafte Songs wurden, die auch zusammen funktionieren…“
Michael Arens: „Ein nicht unwichtiger Punkt. Deine Alben, auch „Companionship“, eignen sich bestens zum echten Hinhören und sich wie von einem Spielfilm in eine andere Welt entführen lassen. Sie erzählen eine Geschichte, und zwar eine, die sich aus der Reihenfolge und dem Fluss und dem Ineinandergreifen der Songs ergibt.“
Joel Sarakula: „Ja, das hängt damit zusammen, dass die Entstehung der Songs in etwa im gleichen Zeitraum erfolgte, sechs Monate oder ein Jahr; sie wurden auf jeden Fall binnen einiger weniger Monate aufgenommen, weißt Du, was ich meine?! Dadurch ergibt sich eine Zusammengehörigkeit, denn auch das Schreiben der Songs geht nicht weiter als 1,5 Jahre zurück. Das Kreativitätsfenster – das „window of creativity“ – ist limitiert, wenn du verstehst, was ich meine, similar taste, similar flavour – ähnlicher Geschmack, ähnliches Gefühl. Einige neue Punkte werden nicht binnen weniger Monate dein Weltbild verändern. Alle Songs passen also zusammen, da sie in einem bestimmten Zeitrahmen entstanden sind, und die emotionale Erzählweise macht den Rest, so passt alles. Das zweite Ding ist dann, den Fluss der Songs herauszuarbeiten, was die letzte Sache ist, die ich üblicher Weise mache, aber ich nehme mir dafür viel Zeit. Und so ergibt sich dann auch die Reihenfolge der Songs. Ich wusste sofort, dass „Midnight Driver“ der erste Song des Albums sein würde, „Indigo Night“ der zweite und so weiter. Nur bei „London Road“ war es anders, und bei „King Of Clowns“ wusste ich ebenfalls sehr früh, dass es der dritte Song des Albums werden würde. Manchmal weiß ich halt genau, wohin der Song gehört, andere male weniger.“
Michael Arens: „Woher kommt deine Affinität für die Ästhetik der Black Music und jene des Soft Rock der Sechziger und Siebziger Jahre, deine Leidenschaft für das, was wir heute als Yacht Rock verstehen?“
Joel Sarakula: „Ich habe immer sehr Siebziger Jahre-mäßige Songs geschrieben, seit dem neuen Album auch Songs der Sechziger. Am Ende gibt es schließlich eine Unmenge an Musik, die ich wirklich mag, zum Beispiel auch die Musik der Neunziger Jahre, aber auch aktuelle Musik. Mein Background ist dabei tatsächlich Jazz. Als neun- oder zehnjähriges Kind wollte ich immer ein Jazz-Pianist werden. Diese Leidenschaft spiegelte schon damals meine Liebe zu den Akkorden von Jazz, Jazz Fusion und Soul und Yacht Rock wider, Bands wie Steely Dan, The Doobie Brothers hatten diese Jazz-Akkorde… Das ist alles ein Teil von mir geworden.“
Michael Arens: „Und ein Teil deiner Musik. Du hast ja spätestens mit „Love Club“, ganz sicher aber mit „Companionship“ einen Ehrenplatz im Black Music-Olymp zwischen, Soul, Funk, Boogie, und immer wieder Yacht Rock eingenommen. Wie siehst Du das alles, gerade auch die neu gewonnene Hipness von Yacht Rock?“
Joel Sarakula: „Manche nennen es Soft Rock, viele nutzen aber den „Rock“-Begriff mehr als Scherz. Es gab nie den einen großen Künstler, auf den ich mich in all diesen Genres wirklich fixiert habe. Ich suche mir immer das heraus, was ich gerade mag. Steely Dan und Todd Rundgren waren schon starke Einflüsse für mich und The Zombies. Alle haben diese Ähnlichkeiten, sogar The Zombies waren eigentlich schon so etwas wie eine Blue Eyed Soul-Band…“
Michael Arens: „Oft geht es ja gerade bei Yacht Rock, Soul und Co. mehr um das Gefühl, die Seele, hinter der Musik als um das schiere musikalische Genre…“
Joel Sarakula: „Ja, es dreht sich alles um das Gefühl, die Harmonien, die Akkorde. Ich fand Harmonien immer schon enorm wichtig. Ich konnte Melodien schon immer unmittelbar mitsummen. Ich liebe einfach gut entwickelte Harmonien. Es klingt so, als versuche ich, Siebziger Jahre Rock neu zu erfinden, aber ich bin tatsächlich eher daran interessiert, harmonische Arrangements zu schaffen, die einen Jazzy Hintergrund haben. Und das passiert sehr häufig im Yacht Rock, das ist schon fast so etwas wie ein Zufall.“
Michael Arens: „Ich verstehe. Das geht mir ganz ähnlich, obwohl ich ja nicht im eigentlichen Sinne ein Musiker bin, sondern eher der Hörer am anderen Ende des Musikkreislaufs. Mir war und ist harmonische Musik und eine Melodie schon immer immens wichtig. Deswegen habe ich auch so meine Probleme mit dem Sound von E-Gitarren, die ja zu dem klassischen Rock, Hard Rock, Heavy Metal usw. einfach dazu gehören: Mir sind sie zu harsch, zu kratzig und irgendwie unaufgeräumt und disharmonisch. Das hat mich immer irritiert…“
Joel Sarakula: „Interessant… Ich mag übrigens auch Überraschungen. Brian Wilson zum Beispiel, oder David Axelrod, all diese Soundtracky-Guys. Dort gibt es immer crazy harmonische Überraschungen. Kaum jemand hat so harmonische, durchentwickelte Musik gemacht für rund 20 Jahre. Ich verstecke mich also nicht in oder hinter den Siebziger Jahren, aber man kann halt vieles, was in den letzten 20 Jahren entstanden ist, mit Referenz in den Sechziger und Siebziger Jahren wieder finden. Niemand spielt so unglaublich gut geformte Akkorde wie Steely Dan, unglaublich… Es ist einfach die eine Sache, die es in der Pop-Musik in den letzten 20 Jahren nicht allzu oft gab, vielleicht noch in bestimmten konkreten Jazz-Zusammenhängen oder im klassischen Jazz Rock, aber ich möchte andererseits auch nicht verglichen werden mit Dave Matthews (lacht). Das ist einfach eine völlig andere Welt!“
Michael Arens: „Nachvollziehbar…“
Joel Sarakula: „Ja, ich meine, schau dir man Hall & Oates an. Die Musik berührt eben alles, was ich liebe: Soul, Disco, Funk, Soft Rock, Chill Out-Dinge… Sie berühren eine Menge stilistische Sachen. Dann gibt es natürlich 10 CC, eine Art British Art Rock Vibe, die ebenfalls eine Menge Genres in sich vereinen. Es ist eben eine Art, etwas abenteuerlich zu sein, was das Genre betrifft und nicht zu gefangen im Genre zu sein. Dieser Tage gibt es nun mal leider zu viele Limitierungen, wenn es an den Stil geht…“
Michael Arens: „Wobei ja auch der Inhalt, die Texte, eine nicht unwichtige Rolle in der musikalischen Einordnung spielen, Dinge, die sich schließlich im Titel wiederfinden können, oder vielleicht gar sollten?! Woher kommt der Titel „Companionship“?“
Joel Sarakula: „Die Songs handeln alle von Beziehungen, Freundschaften, Isolation, ganz ähnlich, wie „Love Club“ von Liebe handelte, obwohl es bei „Companionship“ durchaus auch einige romantische Songs gibt, auch, wenn es nicht so offensichtlich ein Album über Liebe wie „Love Club“ geworden ist. Aber so hat es eine erzählerische Tiefe und somit einen Titel, der sozusagen die Marschrichtung vorgibt. Dazu ist „Companionship“ (auf Deutsch in etwa „Gesellschaft“, aber auch „Kameradschaft“ oder „Freundschaft“, Anm. d. Verf.) ein Wort, dass sich aus zwei Wörtern, nämlich aus „Companion“ und „Ship“ zusammensetzt. Denn es bedeutet Kameradschaft, Freundschaft, wie ein Schiff mit Freunden. Und dieses Ineinandergreifen der Wörter begeistert mich.“
Michael Arens: „Das geht mir genau so. Sprache kann richtig was. Ein letzter Gedanke zu dir und natürlich im besonderen zu deinem hervorragenden neuen Album „Companionship“?!“
Joel Sarakula: „Ich habe mich nie bewusst hingesetzt und mir gesagt, dass ich jetzt einen Song oder ein Album schreibe. Es war eine sehr organische Sache, „Companionship“ aufzunehmen. Mir ist bewusst, dass viele Songwriter so arbeiten, und ich respektiere das. Aber ein Song muss einfach zu mir kommen, und meistens kommen Songs, wenn du sie am wenigsten erwartest. Es ist keine Doktorarbeit, sondern genau das Gegenteil, alles kommt organisch zu mir und entwickelt sich schließlich zu einem Thema. Nichts ist vollumfänglich geplant. Wir sind ein Produkt all unserer Einflüsse, Hintergründe, Vorgeschichten, Kompromisse, unserem Lieblingsbuch, unserem Lieblingsfilm, unserer Lieblingsmusik. Diese Melodien und Songs sind also eigentlich Produkte unseres Unterbewusstseins, wie magisch diese auch immer sein können.“
Michael Arens: „Magisch wie die Melodien und Harmonien von „Companionship“! Danke für das Gespräch!“
[Der SOUL TRAIN @ soultrainonline.de berichtete immer wieder, in vielen Fällen wiederholte male, über die meisten der in diesem Interview genannten Musiker, Komponisten, Produzenten, Arrangeure, Autoren, Künstler, Bands, Musikprojekte, Labels und Co.!]
© Michael Arens
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VERLOSUNG!
Der SOUL TRAIN verlost 3 Exemplare von Joel Sarakula – „Companionship“ (CD)!
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Joel Sarakula – „Midnight Driver“: