Tricky – Lass den Groove raus
EXCLUSIVEInterviewVerlosung 22. September 2017 Michael Arens
Aktuelles Album: Tricky – Ununiform (False Idols/!K7/Indigo)
Starker Tobak, dieser Tricky.
Nicht genug damit, dass er bereits mit seiner kruden Optik und seinem selbstbewussten, aber eben auch introvertierten Auftreten polarisiert und sicher und immer wieder fälschlich in eine Ecke der Kultur und/oder der Gesellschaft gestoßen wird: Trickys Musik haut ebenso in diese Kerbe und spaltet seit je her die Zeitgeistliche Musikgemeinde um elektronische Musik, Hip Hop, Reggae, Pop, Rock, Soul, Funk und einem weiteren halben Dutzend Musikströmungen, zu denen sich Tricky, über den wir im SOUL TRAIN immer wieder berichteten, oft verschachtelt und in scheinbar undurchdringlichen Lagen und auf einem runden Dutzend Alben verbeißt.
So gilt Adrian Nicholas Matthews Thaws alias Tricky aus dem britischen Bristol bereits seit seinem ersten abendfüllenden und Richtungsweisenden, heute als echter Meilenstein geltenden Album „Maxinquaye“ 1995 als wichtiger Baustein wenn nicht wichtigstes Urgestein des Trip Hop, auch, wenn sich gerade in der Folge seine Musik, seine Alben insbesondere durch ihre musikalische Unvorhersehbarkeit und mitunter gar düsteren Momente definierten: Tricky war und ist ein eigener Musikkosmos, der stets beeindruckte und dies heute noch tut, der Fragen aufwirft und sich, zumindest im besten Falle, einen Dreck um aktuelle Strömungen und verkaufsfördernde Hipness kümmert – sympathisch, das – es lebe die Individualität!
Parallel zur Musikkarriere setzte Tricky sozusagen nebenbei immer mal wieder auch auf das Film- und TV-Entertainment – der Oberschurke unter der Fuchtel von Bösewicht Gary Oldman in Luc Bessons Kultstreifen „Das fünfte Element“ (der SOUL TRAIN berichtete) aus dem Jahre 1997 ist bis heute die Paraderolle des vermeintlich wilden Mannes mit der schroffen Optik.
Mit „Ununiform“, erschienen auf seinem eigenen Label False Idols bzw. beim Berliner Groove-Zeitgeist-Label !K7 (Vertrieb: Indigo – der SOUL TRAIN berichtete – das Album ist übrigens auch auf coolem Vinyl erhältlich), veröffentlicht Tricky nun sein mittlerweile zwölftes Album, das bereits im Titel und einmal mehr und ganz typisch für Tricky jede musikalische Einordnung oder gar jede künstlerische Vorhersehbarkeit verweigert und ganz selbstverständlich wegignoriert und wie kaum ein Tricky-Album zuvor wieder eine Menge musikalischer Albumgäste mit an Bord holt, auch feinste Black Music-Gesangsmomente aller Tempi mit kruden Beats, schroffen Riffs, verrückten Loops und Grooves, markant wabernden Sphären und stampfenden Beat- und Sample-Metaphern zu bündeln – auch „Ununiform“ ist ein waschechtes Tricky-Album geworden, von dem der Mastermind zugleich und überraschender Weise selbst sagt, dass „das nächste NOCH besser wird“.
Wichtigstes, neues Element im Sound des mittlerweile Wahlberliners Tricky (er wohnt seit 2015 in der Hauptstadt): russischer Hip Hop (dazu später mehr) sowie, nur eine der vielen Gäste von „Ununiform“, Asia Argento, Tochter von Kultfilmregisseur Dario Argento (einmal mehr: der SOUL TRAIN berichtete).
Höchste Zeit also, Tricky, dem musikalischen Innovator, der, mit allem gebotenen Respekt, gelebt und gefühlt coolen Sau schlechthin, die dringlichsten aber nicht immer offensichtlichsten Fragen zu stellen, den Menschen, Musiker und Künstler aber eben auch die Stilikone und den Zeitgeistformer Tricky sowie dessen neues, vielschichtiges, nie langweiliges, neues Album „Ununiform“ zu analysieren…
Michael Arens: „Wie darf ich dich ansprechen, mit Adrian oder Tricky?“
Tricky: „Tricky ist fein…“
Michael Arens: „Ich beginne mal mit einem universellen Lob: Ich beobachte dich und deine Musik, deine Alben, seit deinen Anfängen vor über 20 Jahren. Die eine große Konstante in deiner Musik, und das gilt auch für dein fantastisches neues Album „Ununiform“, ist, dass Du unvorhersehbar bist…“
Tricky: „Und weißt Du warum? Weil ich naiv bin – ich habe keine Regeln! Ich bin kein kommerzieller Künstler. Je größer du als Künstler bist, je größer sind deine Sorgen, denn du bist gefangen von deinem eigenen Erfolg. Ich dagegen kann ein Album herauszubringen, das sich nicht verkauft, aber es wird die gleiche Aufmerksamkeit erlangen wie die anderen Alben, die sich verkaufen. Von all dem werde ich nicht kontrolliert und ich glaube, dass mir das hilft, keine Regeln zu haben. Ich muss nicht in Kategorien denken, dass diese oder jene Musik sich gerade nicht verkauft, also muss ich was anderes machen, oder so. Wenn Reggae drin ist, ist das so, wenn Hip Hop drin ist, ist Hip Hop drin, ich muss nicht ständig umherspringen, ich kann einfach ich selbst sein.“
Michael Arens: „Und was würdest Du sagen, wenn ich dir erzähle, dass einige Menschen von deiner Musik als dunkle, düstere Musik sprechen?“
Tricky: „Das ist eine gute Frage, Mike (Michael)! Ich habe mal ein junges Mädel aus Washington, D.C. getroffen, und Washington D.C: ist eine sehr, sehr gefährliche Stadt, und sie fand meine Musik erbaulich und positiv! Andererseits kenne ich einen echten Ghetto-Typen, ein richtiger Typ von der Strasse, der mir gesagt hat, dass er kein Gras rauchen und dabei meine Musik hören kann, denn dann wird er paranoid. Ich schätze also, dass meine Musik Menschen auf verschiedene Art und Weise beeinflusst.“
Michael Arens: „Ich persönlich habe diese Unvorhersehbarkeit in deiner Musik immer sehr gemocht, von Hip Hop über Reggae, Soul und Funk über Rock und Pop bis zu elektronischer Musik und allem anderen Möglichen und teils gefühlt Unmöglichem… Auch auf deinem neuen Album „Ununiform“ hat diese Unvorhersehrbarkeit wieder zugeschlagen: Mit diesem russischen Rap-Element hast Du wieder etwas völlig neues in deinen Sound aufgenommen…“
Tricky: „Ja, ich habe sehr viel Zeit in Russland verbracht. Russland ist faszinierend. Es ist dermaßen zurück mit allem, dass es praktisch ganz vorne liegt. (lacht) Jetzt wird es so langsam etwas trendiger. Aber als ich begann, dorthin zu reisen, haben alle dort ihre eigenen Klamotten kreiert, Fashion aus Nichts sozusagen, aus ihrer eigenen Kultur heraus. Es war nicht so, dass die Menschen Geld gehabt hätten und die Szene durch ihr Geld aufgebaut hätten. Heute ist es anders geworden. Man sieht mehr und mehr junge Menschen, die genau so angezogen sind wie die Menschen in London. Als ich aber zum ersten mal dort gewesen bin, habe ich viele sehr spezielle Dinge und spezielle Menschen getroffen. Wie gesagt – so zurück, dass es so weit vorne ist… Ich habe auch einen guten Freund in Russland. Er spielt mir seit Jahren russischen Hip Hop vor, und vor ungefähr zehn Jahren hat er mir zum ersten mal Tracks von diesem Kerl vorgespielt, und ich war so geflasht, dass ich meinem Freund gesagt habe, er möchte ihn doch bitte ausfindig machen, ihm eine E-Mail schreiben. Einen Monat später laufe ich diesem Typen auf einem Flughafen durch Zufall sozusagen in die Arme, und wir haben uns unterhalten, über mögliche Zusammenarbeiten in der Zukunft…“
Michael Arens: „… und das war Vasiliy Vakulenko?!“
Tricky: “ Ja, Vasiliy (Vakulenko) ist der Haupttyp auf dem neuen Album! Vasiliy und Smoky Mo haben Hip Hop erst richtig nach Russland gebracht, sie haben Hip Hop dort groß gemacht. Sie waren die ersten russischen Rapper, die richtig Erfolg hatten. Heute ist Hip Hop RIESIG in Russland, eben wegen Vasiliy und Smoky Mo, sie haben Hip Hop richtig, richtig groß gemacht dort!“
Michael Arens: „Nun lebst Du ja mittlerweile seit über zwei Jahren in Berlin, was rein geografisch sozusagen in relativer Nähe zu Russland steht, auch ideologisch. Hat das den Sound des Albums irgendwie beeinflusst, und wenn ja, wie?“
Tricky: „Um ehrlich zu sein: Ich hatte eine riesige Steuerrechnung zu bezahlen, was heißt, dass ich die Finanzamtleute in den USA und in England an den Hacken hatte. Mein Manager hat mir dann zu diesem Schritt geraten. Mit meinem letzten Album habe ich ein Album gemacht, das meine Steuerschulden abtragen sollte. Eigentlich habe ich bis dahin nur Album für das Finanzamt gemacht… immerhin habe ich Kinder, Ausgaben… es geht dabei nicht nur um mich! Mein Manager hat zwischenzeitlich aber einen Deal mit den Steuerleuten gemacht und „Ununiform“ ist das erste Album, aus dem ich nichts mehr den Finanzämtern zahlen muss, ich konnte ändern, was ich wollte, und hatte keinen Druck, das Ding herauszubringen, nur um meine Steuerschulden zu bezahlen.“
Michael Arens: „Und Berlin?“
Tricky: „Berlin ist kein Ort, an dem nur Geld zählt, wo man eine Obsession mit Geld hat. Wie erkläre ich das am besten… : Manchmal gibt es in einer Stadt so viel zu tun, dass es langweilig ist. Als ich in London gelebt habe, habe ich so viel gemacht, bin in Clubs gegangen und so weiter, weil ich gelangweilt war. In Berlin dagegen gehe ich aus, weil ich eben ausgehen möchte. In Berlin laufe ich zum Beispiel den ganzen Tag durch die Stadt, ich fahre Fahrrad, gehe durch Parks. Wenn ich dann um acht Uhr nach Hause komme, koche ich mir essen und habe so gar nicht mehr das Gefühl, ausgehen zu müssen, denn ich habe bereits den ganzen Tag damit verbracht, Dinge zu machen; ich habe mich also nicht gelangweilt. Berlin gibt dir den Raum, die Kunst zu machen, die du möchtest, egal ob du ein Maler oder ein Musiker bist. Hier ist der Raum, und die Zeit, diese Kunst zu tun, ohne jeden Druck…“
Michael Arens: „Reden wir also über dein neues Album „Ununiform“ von Tricky, dem Sänger, Musiker, Künstler!“
Tricky: „Ich sehe mich selbst nicht so sehr als Sänger. Ich mag es, Vocals aufzunehmen, aber ich bin kein eigentlicher Sänger. Aber mein Manager hat mich überzeugt, dass die Menschen meine Stimme hören möchten, mich und meine Stimme an vorderster Front. Ich habe selten so viel an vorderster Front gesungen wie auf diesem Album!“
Michael Arens: „Auf deinem neuen Album hast Du dazu auch noch wunderbare Gast-Vocals wie beispielsweise die Stimme von Francesca Belmonte bei „New Stole“ mit dabei. Was hat es damit auf sich?“
Tricky: „“New Stole“ ist ein alter Song, von dem ich immer eine neue Version aufnehmen wollte, und ich hatte die Vocals bereits bei mir zu Hause. Daran wollte ich schon immer arbeiten, eine neue Version. Der Rest besteht aus Unfällen, Zufällen, irgendwo sein, etwas hören, auf Tour zu sein… ich plane Vocals nicht wirklich,. Ich treffe jemanden und rede darüber, und zwei Jahre später passiert es einfach…“
Michael Arens: „Das Album klingt überhaupt ungewöhnlich, was wiederum nichts ungewöhnliches für DICH ist… kleines Wortspiel am Rande…“
Tricky: „“Ununiform“ ist, wie an einen anderen Ort zu gehen. Ein Kampfsportler sagte mir mal, dass es bei seiner Sportart, Tai Chi, keine Gürtel wie z.B. den schwarzen Gürtel etc. gibt, da ein Gürtel bedeutet, dass man ein Meister ist. Er unterrichte aber seit über 60 Jahren und er lernt immer noch dazu. Es ist eine Reise, und auch ich lerne immer noch…“
Michael Arens: „Vom Schüler zum Lehrer: Erzähl‘ den Lesern des SOUL TRAIN @ soultrainonline.de doch bitte mal, wie „Ununiform“ eigentlich entstanden ist!“
Tricky: „Es beginnt mit dem Keyboard. Ich sitze am Keyboard und beginne, was zu kreieren. Aber um ehrlich zu sein, macht die Musik mich! Ich sitze also da an meinem Keyboard und beginne, mit zwei Fingern zu klimpern, und bevor ich überhaupt weiß, was passiert, ist da ein Song. Du kontrollierst das nicht, es kontrolliert dich! Deswegen habe ich auch nie eine Schreibblockade, denn die Musik macht mich und nicht andersherum! Ich nehme alles auf, nehme fünf Minuten von irgendwas auf, und fange an, vielleicht drei Sekunden davon herauszufiltern. mache dann Drums oder Bass oder irgendwas dazu. Ich sample eine Gitarre, einen Vibe…“
Michael Arens: „So muss ja unglaublich viel Material entstehen…“
Tricky: „Ich nehme keine überflüssigen Songs auf. Es gibt vielleicht ein, zwei Extra-Songs als Bonus oder so, aber wenn ich ein Album aufnehmen, nehme ich genau diese zehn, zwölf, 13 Songs auf, und das ist es. Manche Songs gehen natürlich zwischendurch verloren, da ich denke, dass sie nicht gut genug sind, aber wenn ich einen Songs mag, kommt er aufs Album.“
Michael Arens: „Wie sieht es eigentlich momentan mit deiner Schauspieler-Karriere aus?“
Tricky: „Im Moment stecke ich da nicht so drin. Im Moment bin ich in der Musik! Als da noch diese unsägliche Steuerschuld stand, habe ich das mitgenommen, aber nun, da alles bereinigt ist, gebe ich einen Fick auf das Schauspielern – bei mir dreht sich jetzt alles um Musik! Es dreht sich immer darum, wie ich mich gerade fühle, aber im Moment habe ich absolut kein Interesse daran…“
Michael Arens: „Soll mir recht sein, ich bevorzuge dich sowieso als Musiker!“
Tricky: „Ja, Schauspielern ist echte Arbeit für mich, meine Texte auswendig lernen und so. Bei Musik muss ich mich nicht konzentrieren und kann machen, was immer ich will. Schauspielern ist wie Schule…“
Michael Arens: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass Du bereits an einem neuen Album arbeitest?!“
Tricky: „Ja, mein nächstes Album wird sich auf einem ganz anderen Level bewegen, ich habe schon sechs, sieben Tracks zusammen. Es wird besser als dieses Album! Du kannst was für sehr lange Zeit machen, und plötzlich findest Du dich selbst wieder. Das neue Album wird wirklich GANZ anders als dieses Album! So STARK und FRISCH! Es fühlt sich an, als wenn die Musik – der Groove – ENDLICH herauskommt!“
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VERLOSUNG!
Der SOUL TRAIN verlost 3 Exemplare von Tricky – „Ununiform“ (CD)!
Einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Tricky“ an soul@(nospam)michaelarens.de – viel Glück!
Mehr Infos zu unseren Verlosungen gibt es hier: SOUL TRAIN-FAQ